In Puerto Rio Tranquilo verlassen wir die Carreterra Austral zum ersten Mal Richtung Westen und fahren 100 km im tief eingeschnittenen Valle Exploradores auf den Pazifik zu. Zunächst fahren wir den Rio Tranquilo aufwärts und plötzlich merken wir, dass der Fluss neben uns mit uns Richtung Westen fließt. Was ist das für ein Phänomen? Unmerklich ist die Straße von 0 auf 300 m angestiegen und fällt nun gegen den Pazifik wieder ab. Wir haben eine Wasserscheide passiert und der neue Fluss neben uns ist der Rio Exploradores, der dem Tal seinen Namen gibt. Rechts und links des Weges wachsen rhabarberartige Pflanzen, deren riesigen Blättern wir den Namen Elefantenohr verleihen, wilde Fuchsien blühen zwei Meter hoch zwischen Bambus und überwuchern alte Baumstämme, Fingerhut blüht am Straßenrand. Auch das Gezwitscher der Vögel lässt keinen Zweifel daran, dass wir mitten im Regenwald angekommen sind. Nur - über uns sehen wir verschneite Berggipfel, Gletscher schieben sich über die steilen Abbrüche und Wasserfälle fallen fast senkrecht die 1000 m steilen Hänge herunter. Das Wolkenbild um die Gipfel ändert sich von Sekunde zu Sekunde und hatten wir schon erwähnt: die Seen sind natürlich türkis und die Bäche kristallklar.
Uriges Valle Exploradores: Hängende Gletscher überm Urwald, Fuchsien wuchern über Bäume.
Leider hält uns eine Hängebrücke mit 2,50 m Höhenbeschränkung davon ab, die letzten 5 km bis in die Fjordlandschaft der Exploradores-Bucht zu fahren. Von dort wollten wir ein Boot zur San-Rafael-Bucht nehmen, wo der gleichnamige Gletscher in die Bucht kalbt, die nur per Boot zu erreichen ist. Aber wer weiß, vielleicht hätte Heike wie schon bei der Bootsfahrt zu den Marmorsäulen in Puerto Rio Tranquilo einen Rückzieher gemacht, wenn sie Wellen gesehen hätte. Sie wird nämlich schon beim Anblick einer Welle seekrank …
So hält uns dieser kleine Rückschlag nicht davon ab, in dem malerischen Exploradores-Tal Silvester zu feiern. Wir suchen uns den besten Platz im Tal mit Sonne, Gletscher- und Wasserfallblick und dann… beschließen wir gleichzeitig mit den Daheimgebliebenen auf das neue Jahr anzustoßen. Wir stellen den Wecker auf 0:00 Uhr MEZ - da ist es in Chile erst 20:00 Uhr - und stoßen mit einer argentinischen Flasche Champagña auf das neue Jahr an. Zwei Stunden später liegen wir im Bett. Ja, die Zeit ist relativ, insbesondere beim Reisen - das wusste schon Einstein.