Beeindruckende Türme, diese Torres del Paine - mit Recht hat man sie als Namensgeber und Wahrzeichen für den Nationalpark ausgewählt. Doch darf man den Nationalpark keineswegs auf die Torres reduzieren! Die türkisfarbenen Seenlandschaften, Wasserfälle, verschneiten „Hörner“ und skurrilen Bergmassive, Südbuchenwälder, hügeligen Steppenlandschaften, durch die die Guanakos ziehen, und nicht zuletzt die Gletscher und Eisberge gefallen uns eigentlich noch besser. Und die Torres sind zwar imposant, aber soo einmalig auch wieder nicht - die Drei Zinnen stehen ihnen in nichts nach!
Wir haben uns eine ganze Woche Zeit gelassen, die Attraktionen im Park zu erkunden. Eine Kurzversion unserer Stationen findet man in der Diashow. Für uns und Interessierte haben wir die einzelnen Stationen weiter unten im Detail beschrieben.
Unsere Stationen im Detail:
Schwieriger Start
Aus Süden von Puerto Natales kommend wollen wir den Eingang Porteria Serrano nehmen, um von dort den Park aufzurollen und ihn im Norden bei der Porteria Laguna Amarga in Richtung der argentinischen Grenze zu verlassen. Doch schon die Abzweigung von der Hauptstraße Ruta 9N zum Park ist gesperrt. Wir ändern unseren Plan und übernachten wenig später erst einmal am Lago Sofia. Am nächsten Morgen peilen wir den nächsten Parkeingang Sarmiento ca. 100 km weiter nördlich an. Immerhin passieren wir den Mirador Lago Sarmiento mit dem ersten (!) Blick auf die Torres, kommen aber leider auch auf diesem Weg nicht in den Park. Wieder eine Absperrung, wieder Bauarbeiten und wir werden noch weiter nördlich zum Eingang Porteria Laguna Amarga umgeleitet - über diesem Eingang wollten wir ursprünglich den Park verlassen…
Cascada del Paine
Vorbei an der Laguna Amarga mit dem gleichnamigen Mirador sind wir nun schon unfreiwillig 100 km um den Park herumgefahren, da kommt es auf den letzten Abstecher auch nicht mehr an. Kurz vor dem Nationalpark-Eingang Laguna Amarga zweigen wir nach rechts zu den Kaskaden des Rio Paine ab. Nach fünf Minuten haben wir einen wunderbaren Platz am Wasserfall mit Blick auf die Wahrzeichen des Nationalparks erreicht - hier bleiben wir stehen für die Nacht!
Die Sonne geht spektakulär hinter den Torres unter und im Morgenlicht strahlen die Türme golden.
Las Torres del Paine - Drei Granitfinger von beeindruckendem Ausmaß
Erst am nächsten Morgen, es ist der 1. Dezember - daheim in Deutschland wartet der Adventskranz schon auf das erste Lichtchen -, passieren wir endlich den Eingang zum Nationalpark (Prozedere hier) und starten kurz darauf die Wanderung zum Fuß der drei Torres. Leider werden wir 1,3 km vor dem eigentlichen Ausgangspunkt auf den Parkplatz am Welcome Center geleitet, d.h. die Wanderung „wächst“ in Summe auf 20 km an - bei 1000 Metern hoch und wieder runter eine ordentliche Strecke! Aber die Sonne scheint und die Hoffnung auf freie Sicht auf die Granittürme wächst mit jedem Meter. Nach Peters Vorhersage reißt der Himmel kurz nach 15 Uhr richtig auf - genau dann, wenn wir am Lago Torres mit dem Mirador base de las Torres ankommen werden. Außerdem haben wir einen schwedischen Expeditionskocher, einen japanischen Titantopf, chilenische Rindswürste und deutschen Senf dabei - das treibt zumindest auf den letzten Kilometern zusätzlich an :-)
Die Wanderung stellt sich als unglaublich abwechslungsreich heraus: In der ersten Hälfte bis zum bewirteten Refugio Chileno (5,5 km) führt der Weg mit noch moderater Steigung durch Gras- und Buschlandschaft. Auf diesem Stück sollte man öfters rückwärts schauen, denn in der Ebene breiten sich Gletscherseen, dahinter die weißen Gebirgsketten der Anden aus. Ab dem Refugio führt der Weg im Schatten von Südbuchen weiter entlang des Rio Ascensio. Immer wieder klettert er hoch über den tosenden Gebirgsbach, um dann wieder auf seine Höhe abzusteigen. Langweilig wird es einem nicht über Äste, Wurzeln, Steine und Felsen zu klettern, um dann über mehr oder weniger abenteuerliche Brücken den Bach zu überqueren.
Nach weiteren 3 km erreichen wir den Zeltplatz Campamento Torres, haben jedoch trotz vielem Auf und Ab nicht einmal 100 m an Höhe gewonnen. Doch nun geht es steil bergan. Schnell erreichen wir die Baumgrenze, der Weg verlässt das Ascensio-Tal und klettert auf dem letzten Kilometer senkrecht zu den Höhenlinien weitere 300 m nach oben. Dieses Stück ist für uns wegen der Kraxelei über nasse Felsen, Steine, Schotter die „Königsetappe“ - kräftezehrend. Zwar konnte man den mittleren Finger der Torres einmal kurz am Refugio durchspitzen sehen, aber das volle Panorama mit allen drei Granitnadeln öffnet sich wirklich erst 100 m vor dem Ziel. Wir erklimmen den letzten Wall aus großen Felsbrocken und dann stehen vor uns, die drei Torres! Unsere Matten ergeben ein gemütliches Lager und die heißen(!) Rindswürste schmecken ausgezeichnet. Wir bestaunen die Granittürme, die unmittelbar vor uns noch weitere 1.700 m senkrecht in die Höhe ragen. Im Minutentakt ändert sich die Lichtstimmung und das Wolkenbild rund um die drei Nadeln und die Speicherkarten unserer Fotoapparate füllen sich in rasantem Tempo.
Laguna Inge
Absolut empfehlenswert ist die kleine Wanderung vom Welcome Center zur Laguna Inge (9 km, 110 Höhenmeter). Der Weg an sich gibt zwar nicht ganz so viel her, aber die Aussicht vom Hügel oberhalb der Laguna finden wir fantastisch! Vor uns liegt der schöne Lago Nordenskjöld, dahinter die mächtigen Berge der Anden.
Salto Grande und die Cuernos
Zu unserer Überraschung bietet schon die Weiterfahrt zum Salto Grande, der Wasserfall des Rio Paine, eine Seen- und Gebirgsszenerie, die uns beeindruckt. Wir passieren viele kleine Lagunen - mal grau, mal leuchtend blau oder türkis. Wie an der Schnur aufgereiht sind die Miradores und zeigen immer wieder neue Perspektiven auf das dominierende Cuernos-Massiv und die großen Seen Lago Sarmiento und Lago Nordenskjöld. Lagos wie Lagunas werden vom Wind ordentlich durchgepeitscht - die Wellen tragen weiße Schaumkrönchen.
Zum Wasserfall Salto Grande kommen wir genau zur richtigen Jahreszeit. Jetzt im Frühsommer tosen die Wassermassen des Rio Paine über die Klippen. Dazu noch acht Windstärken und das Spektakel ist perfekt: Auf unserem Spaziergang zum Aussichtspunkt auf die Cuernos ziehen Wirbelwinde das Wasser des Lago Nordenskjöld wie in Schloten nach oben.
Eisberge auf dem Lago Grey
Jetzt wartet noch ein Höhepunkt auf uns - der Lago Grey und der Glaciar Grey. Der Gletscher liegt am südlichen Ende des patagonischen Eisfeldes - eine 350 km lange Eisfläche von der Fläche Hessens und damit eines der größten kontinentalen Eisfelder überhaupt. Ja klar, wenn man Glück hat, soll man da ab und zu einen Eisberg herumschwimmen sehen, aber richtig geglaubt haben wir das nicht.
Wow! - und was für Eisberge sehen wir. Wir sind wie schon gestern mit Ulla und Karl unterwegs und uns bleibt beim Anblick fast die Spuke weg. Gefühlt zwei Omnibusse groß ist der erste Eisberg, der sich nur wenige zig Meter vom Strand festgefahren hat. In verschiedenen „Abtau-Stadien“ schwimmen kleinere Eisberge herum. Die Struktur der Oberfläche sowie die Farbe ist sehr unterschiedlich, je nachdem wie alt und wie stark komprimiert das Eis ist. Ein Block ist so glatt und tiefdunkel türkis, dass wir ihn fast für einen Stein halten. Übrigens, am nächsten Morgen haben Wind und Wasser seine Schönheit aufgebröselt.
Wir hören(!) mit lautem Krachen den 14 km entfernten Gletscher am anderen Ufer kalben und sehen(!) am nächsten Morgen die vielen neuen Eisberge, die der Wind in der Nacht über den See getrieben hat.
Ulla und Karl, die schon drei Jahre durch Amerika touren, haben wir hier im Torres-Nationalpark getroffen und spontan zwei Tage gemeinsam verbracht. Wie schon gestern lassen wir den Tag mit einem kleinen Overlander-Treffen in ihrer geräumigen Wohnkabine ausklingen und kommen erst nach Mitternacht „nach Hause“.