2020 in Santa Fe de Antioquia - Treffpunkt an der Kathedrale

Ein besonders beeindruckendes Teufelchen.

Unsere Reise hat in Kolumbien eine ganz neue Ausrichtung bekommen. Wir reisen nicht mehr von Nationalpark zu Naturreservat, von einer Wanderung zur nächsten mit kurzer Unterbrechung in einer Stadt. Wir reisen von Städtchen zu Städtchen mit kurzer Unterbrechung in der Natur. Ob Pijao - El Cairo - Jardín - Jericó, jedes Kaffeestädtchen hatte sein besonderes Ambiente und wir möchten keinen Besuch missen. Trotzdem freuen wir uns jetzt schon sehr auf die Natur, die Tatacoa Wüste heißt. Doch bis dahin werden wohl noch zwei Wochen vergehen.  

Vor Silvester wollen wir uns die alte Provinzhauptstadt Santa Fe de Antioquia mit ihrem bestens erhaltenen kolonialen Stadtbild anschauen. Etwas überrascht landen wir in einem richtigen Urlaubsort. Insbesondere aus der nur 80 km entfernten Millionenstadt Medellín strömen die Gäste ein, flanieren durch die engen Gassen und übervölkern die Plaza Mayor. Das Stadtbild ändert sich mit dem Einfallen der Städter über Nacht. Statt der gemütlichen Wach- und Straßenhunde, die uns keines Blickes würdigen, kläffen giftige Schoßhündchen, an der Leine zerren unausgeglichene Bullterrier, Möpse und Collies. Überdreht, so wie ihre gewichtigen Herrchen und Frauchen. Und deren Outfit?  - Sprengt die darunter liegende Masse, gibt frei, was man definitiv nicht sehen möchte. Wir verlieren uns lieber nicht weiter in Details, denken aber: Wieso läuft denn ein Tourist so rum, wie er sich daheim als normaler Mensch nie auf die Straße trauen würde?  

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Am Samstag sind die Einheimischen noch weitestgehend unter sich - zwei Tage später ist die Stadt übervölkert.

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Die Seitengassen bleiben vom Touristenansturm weitgehend unberührt. Tagsüber sind die Rolläden zu, die Gehsteige hoch geklappt. 

Nach Sonnenuntergang werden die Türen weit geöffnet und wir können in die weihnachtlich geschmückten, bunt blinkenden Häuser bis in den Patio schauen. 

Nicht nur Hostals sind aufwändigst geschmückt, die Privathäuser können es durchaus mit dieser Dekoration aufnehmen.



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Mit dem Stuhl aus dem Wohnzimmer rückt  man mit Familie und Freunden auf den Gehsteig, strickt, whatsappt, redet oder „sitzt“ alleine wie Loriots Herrmann und guckt geradeaus. 

Und auch der Metzger wartet mit seiner Frau vor dem Geschäft auf Kundschaft.






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Unverändert typisch kolumbianisch bleibt die Geräuschkulisse. Aus jedem dritten Haus, von vorne, hinten und der Seite, egal ob Privathaus oder Kneipe, tönt Musik in einer Lautstärke, die meine Handtasche (Hohlraum!) in Schwingungen versetzt. Das glaubt mir doch kein Mensch! Zusätzlich fährt kreischend ein Moped vorbei und hupt ein Bus die Leute von der Straße. Auf Deutschland übertragen nicht vorstellbar, hier absoluter Normalzustand. In dieser Umgebung ist es auch nicht nervig, wir finden es amüsant! Was uns sehr überrascht - es wird kein einziges englisches Lied gespielt und jeder kann die kolumbianischen Hits mitsingen. Und nach mittlerweile drei Wochen im Land summen auch wir mit :-) 

Nicht nur einmal beobachtet: man stellt im Café oder am Pool ein Tischradio vor sich und übertönt damit die Musik aus dem Lautsprecher … und kein Mensch nimmt Anstoß daran. 

Die Live-Musik kann die dröhnenden Radios natürlich nicht übertönen. Insofern ist das mit dem Unterhalten vor der Haustüre auch etwas schwierig, man versteht nämlich sein eigenes Wort nicht mehr!

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Nach einer turbulenten Geschichte als Goldminen-Dorf und Provinzhauptstadt Antioquias lebt Santa Fe heute überwiegend von Landwirtschaft und einheimischen Touristen. Die Stadt ist wegen ihrer gut erhaltenen kolonialen Architektur ein nationales Denkmal Kolumbiens, ebenso wie die 5 km entfernte Hängebrücke Puente de Occidente über den Rio Cauca. Das zieht die Gäste natürlich an. Trotzdem haben wir auch nach vier Tagen außer uns keine Europäer entdeckt. Manche Einwohner Santa Fes hingegen erkennen uns schon und winken uns zu. 





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Santa Fe „wirbt“ beim Ortseingang mit seiner Jahresdurchschnittstemperatur von 28° C. Die kommt zustande, indem es das ganze Jahr über nachts 23 °C und tagsüber 33 °C hat. Bei der hohen Luftfeuchtigkeit liegt die gefühlte Temperatur 5 bis 10° höher. Zum Vergleich: die Jahresdurchschnittstemperatur von Berlin liegt bei 9° C und damit fast 20° C niedriger!

Gefühlte 40° C über Mittag ist vielleicht ein kleines bisschen mehr als wir uns während der letzten Wochen in den kalten Hochlagen der Anden gewünscht haben … aber im Durchschnitt stimmt’s wieder! 

In Santa Fe gibt es auch kaum Fensterscheiben. Das Fenster ist durch ein schön gedrechseltes Holzgitter verschlossen. Dahinter gibt es Fensterläden, die sind tagsüber zu und abends werden sie weit aufgerissen.


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Überrascht werden wir vom „Carneval de Diablitos“, dem Karneval der Teufelchen in der letzten Woche des Jahres - in der Stadt tobt der Bär. Die Freiheit von der Sklaverei bzw. der freie siebte Erholungstag von der Arbeit wird gefeiert. Wir geraten mitten hinein in den Umzug der tanzenden Teufel, werden eingekreist, mit bunten Umhängen gefangen genommen, umwedelt, umtanzt, entführt. Es gibt kein Entkommen. Mitmachen und mittanzen ist die einzige Alternative. Ich sehe Peter entschwinden... Falls wir uns verlieren, treffen wir uns an der Kathedrale!

Da wir gerade tiefenentspannt im Urlaubsmodus angekommen sind - wir stehen in einem tropischen Garten mit Pool unter Palmen, Cafés und Restaurants mit schönem Ambiente und gutem Essen können zu Fuß erreicht werden - bleiben wir kurzentschlossen über Silvester in Santa Fe und sind ja so gespannt, wie die Kolumbianer dem Karnevalstumult der letzten Tage noch eins drauf setzen. 


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An Silvesterabend gibt sich das Städtchen wider Erwarten ziemlich verhalten als wir gegen 22 Uhr eintrudeln. Sogar einige Restaurant sind geschlossen. Wir haben ja inzwischen verinnerlicht, dass Kolumbien zu Mittag isst und nicht zu Abend. Aber an Silvester? Erst eine halbe Stunde vor Mitternacht werden Ess- und Grillstände aufgebaut und das Feuer angefacht. So langsam versammelt man sich um die Plaza Mayor, um 24 Uhr ein kurzer Aufschrei der Menge, ein bisschen Umarmen ohne Anstoßen, ein „bisschen" Knallerei und Feuerwerk. War’s das? - Mitnichten. Die ganze Nacht hindurch wird  immer wieder ein „bisschen“ geschossen und geknallt. Und die Musik? Die dröhnt um 7 Uhr in der Früh noch. Da ist es schon längst hell. Gegen 8 Uhr verfällt die Stadt dann doch ins Koma. Die meisten scheinen am Neujahrstag abends noch nicht wach geworden zu sein. Immerhin hat „unser“ Restaurant wieder geöffnet.

Google Maps: (6.622245, -75.849438), Höhe ü NN: 500 m, Temperatur (tags/nachts): 35° /23° C


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