Als wir auf der Puente de Occidente (6°34´42´´ N ) bei Santa Fe stehen, wissen wir noch nicht, dass das der nördlichste Punkt unserer Reise sein wird. Schade, diesen „Wendepunkt“ 700 km nördlich des Äquators hätte man eigentlich feiern müssen. Drei Tage später kippen wir zunächst Cartagena - der letzte Plan war, ab Bogotá nach Cartagena an die Karibik zu fliegen - , und neun Tage später am Rio Claro, kippen wir alle Tipps nördlich von Bogotá inklusive der Hauptstadt selbst und folgen dem Ruf nach Süden. Es kommt wie so oft auf die Richtung an, aus der man kommt. Vom Süden kommend haben bisher besucht: Pijao - fesselnd, El Cairo - vollkommen authentisch und untouristisch -, Jardín, Jericó und Santa Fe - koloniale, herausgeputzte Urlaubsstädtchen. Nach diesen Eindrücken sind wir uns in Sekunden einig, dass nun der richtige Zeitpunkt zum Umkehren gekommen ist. Unser nächstes großes Ziel wird die Tatacoa Wüste 400 km weiter südlich sein. Aber zunächst zum Rio Claro.
Diesmal reicht ein kleines, schnuckeliges Tuk-Tuk, um uns 5 km vor dem Ziel zu stoppen. Dessen Fahrer - Stinkstiefel oder zugedröhnt? - parkt mitten auf dem Weg, fummelt da und dort gelangweilt an seinem Gefährt rum, will uns aber partout nicht vorbei lassen. Peter geht in die Hocke - die Zuschauer trauen ihren Augen nicht - und lupft das Tuk-Tuk mit einem kräftigen Ruck erst am Vorderrad, dann an der Stoßstange hinten einen Meter zu Seite. Alle finden es lustig - bis auf den Tuk-Tuk-Fahrer, der guckt nicht mehr gelangweilt, sondern bedeppert.
Zehn Minuten später stehen wir auf dem Campingplatz La Peña zum ersten Mal richtig in der Natur seit wir in Kolumbien sind… Ich gerate ins Stocken, denn die Maßstäbe ändern sich mit dem Erlebten. Nach vier Wochen Atacama hätten wir „richtig in der Natur“ sicher anders definiert. Aber es ist eine ganz besonders schöne Badestelle an diesem wirklich glasklaren und erfrischend kühlem Gebirgsbach mitten im Dschungel. Kühl ist das Wasser, weil es aus den Bergen kommt und klar, weil es durch einen Marmor-Canyon fließt. Zwar konkurriert ab und zu kolumbianische Schlagermusik unserer 50 m entfernten Camp-Nachbarn mit dem Rio-Geplätscher, Grillengezirpe, Froschkonzert und Vogelgeschrei, aber die Abkühlung im Fluss und ein Lagerfeuer kommt dem Campen in freier Natur schon sehr nah.
Natürlich durchwandern bzw. durchschwimmen wir den Canyon des Rio Claro - wo gibt es sonst Badestellen, Höhlen und Wasserfälle auf einer Stelle vereint? Beim Raften halten wir uns zurück. Irgendwie erinnern uns die Hitze und der Dschungel rings herum an unser Rafting-Erlebnis auf dem Kunene (Grenzfluss zwischen Namibia und Angola), wo wir zu spät „geschnallt“ haben, dass die hungrigen Krokodile am Ufer auf uns lauern…
Aber wir pumpen wir mit unserem „Kompressorrrr“, schreibt man gemäß der spanischen Aussprache mit mindestens vier „R", fünf große Autoreifen einer kolumbianischen Geburtstagsparty auf, die dann den Fluss mit Getöse hinunter treiben. Dafür werden wir zum äußerst deftigen und sättigenden Eintopf mit Kassler, Maiskolben, Maniok und Klößchen eingeladen :-)
Google Maps: (5.933302, -74.860664), Höhe ü NN: 280 m, Temperatur (tags/nachts): 32° /22° C