Haben wir schon von den geologischen Verwerfungen auf peruanischen Straßen berichtet: Eine kleine Ankündigung „Falla geológica“ und schon hört die Teerstraße auf und man hoppert ein Stück auf einem Feldweg weiter. Hier kann die Verwerfung ein bisschen „verrückt“ spielen ohne allzu großen Schaden anzurichten und 100, 200 m später fängt die Teerstraße wieder an. Auf dem Weg vom Nationalpark Huascarán nach Caraz ist die ganze Straße eine geologische Verwerfung! Nicht nur die Halswirbelsäule, sondern auch das Gleichgewichtsorgan wird in Mitleidenschaft gezogen. In Caraz gönnen wir uns einen „administrativen Ruhetag“, denn wir haben noch ein paar Fahrtage vor uns. Wir wollen jetzt möglichst schnell nach Ecuador einreisen - 800 bis 850 km sind es noch bis zur Grenze. Das macht drei bis vier Tage, wobei wir noch entscheiden müssen, welche Route und welchen Grenzübergang wir nehmen. Wie immer entscheiden wir spontan, nichts ist lange im Voraus geplant.
Sicher ist nur, reine Fahrtage sind tödlich, ein paar Highlights auf dem Weg müssen für Abwechslung sorgen. Aber das fällt in dieser Gegend nicht besonders schwer.
Der Ruhetag in Caraz beinhaltet selbstverständlich einen Mercado-Besuch:
Am Schweinekopf gehen wir vorbei, bei den Wachteleiern greifen wir zu.
Cañón de Pato - Entenschlucht
Ein Fahrtag kann doch gar nicht so aufregend sein, denkt man. Und dann sieht man in der Entenschlucht 100 km lang nur mehr oder weniger tiefen Abgrund neben sich. Für wen ist die einspurige Straße mit Felsüberhängen, engen Tunneln und Sturm eigentlich aufregender? Für den Fahrer oder für mich? Für den, der am Abgrund sitzt, - und das bin ich!
2000 Höhenmeter schlängeln wir uns mit dem Río Santa, der meistens rebellisch erst unter, dann neben uns herumbrodelt, durch die Cordillera Negra bis ans Meer. Teilweise denkt man, man könnte aus dem Auto heraus den gegenüberliegenden Fels berühren. Und auf der Landkarte sind die Höhenlinien so eng, dass sie einem dicken Strich gleichen. Eine ziemlich spannende Geschichte - wir sind froh, als wir endlich in einem breiteren Tal ankommen und eine Kaffeepause einlegen können - und es ist ganz egal, dass es jetzt in der Ebene über 30° C hat.
Etwas später wird nicht nur der Fluss breiter, sondern auch die Straße zweispurig. Rechts und links breiten sich Plantagen aus: Bananen, Mangos, Papayas, Maracujas, Hopfen und wie immer Mais. Schon fast am Meer kommen Reis- und Zuckerrohrfelder dazu. Endlich sind wir auf Meereshöhe, der Luftdruck ist bei über 1000 hPA - unsere roten Blutkörperchen klatschen in die Hände!
15:00 Uhr das Tal wird breiter, noch eine Stunde später sieht es es so aus.
Eigentlich reicht es uns an Abenteuer heute, aber leider kommen wir erst in völliger Dunkelheit um 19:00 Uhr in Trujillo an. Es gibt zwei Camp-Möglichkeiten in der Nähe der Huacas del Sol und de la Luna, einer archäologischen Stätte der Moches. Leider beide mit Schranke verschlossen. Leider in beiden keine Menschenseele auffindbar. Wir versuchen es beim Museumsparkplatz. Schranke geschlossen und zusätzlich vergittert. Wir wollen uns bei den Wächtern bemerkbar machen, aber die Hunde riechen uns eher. Nicht witzig - bleibt uns vom Hals, wir haben Pfefferspray! Der inzwischen erwachte Wächter ist leider nicht sehr kooperativ, wir dürfen weder vorm Tor stehen bleiben, noch lässt er uns rein. Er rät uns ab, hier stehen zu bleiben und zieht zur Demonstration zwei großkalibrige Pistolen aus dem Hosenbund. Gleich zwei - so gefährlich ist es hier!
Wirklich beeindruckt sind wir nicht, müssen aber den Platz räumen. Auf dem Weg in die Stadt, finden wir neben einem der besagten Campingplätze doch noch eine Menschenseele. Eine barmherzige - die uns in ihren Hof fahren lässt. Ich taufe den Platz „Mein Herr, ist mein Hirte“, denn umgeben von diesem und weiteren Bibelsprüchen und umringt von Opa, Vater und Tochter stehen wir jetzt wohlgehütet hinter einem Tor.
Man sollte aus seinen Erfahrungen lernen, aber leider kommen wir am nächsten Tag wieder erst bei Dunkelheit und verschlossener Schranke an der Ausgrabungsstätte der Königsgräber in Sipán an. Diesmal öffnet ein übernetter Polizist, fragt nicht viel und wir dürfen uns unter einen Baum mit tropischem Vogelgezwitscher stellen. Na also, warum denn nicht immer so?