Als wir von unserem Höhenausflug auf den Patapampa Pass (4900 m) ins terrassierte Colca-Tal (3600 m) hinunter gleiten, ist es mitten am Nachmittag. Tolle Gelegenheit, das Thermalbad in Chivay zu besuchen, auch wenn wir damit unserem Motto „Wir baden nur noch über 4000 m" untreu werden müssen. Als wir herauskommen, winken uns Christa und Stefan entgegen, Reisefreunde mit denen wir uns eigentlich erst für den nächsten Tag verabredet haben. Ja, manche Tage haben gleich mehrere Highlights. Der Abend wird etwas länger, es gibt jede Menge zu erzählen.
Wir sehen im Colca-Tal zum ersten Mal terrassierte Hänge, hier wachsen Erbsen, Mais, Quinoa, …
Die nächsten zwei Tage fahren und wandern wir zusammen entlang des Colca Canyons* von Mirador zu Mirador und haben riesiges Glück. Wir können, wie im Reiseführer versprochen, Anden-Kondore beobachten. Wir stehen am Rand des Canyons, braun und jung bzw. schwarz-weiß und alt segeln sie über und unter uns oder lassen sich direkt vor uns nieder. So nahe haben wir sie zuvor noch nicht gesehen, wir können sogar das Männchen mit seinem Hahnenkamm vom nestbauenden Weibchen unterscheiden und - jetzt zitiere ich Stefan - „jede Runzel an ihrem nackten Hals erkennen“. Aber Geier bleibt Geier, einen Schönheitswettbewerb gewinnen sie nicht. Indes, ihr Flug ist unglaublich majestätisch - vielleicht muss ich doch noch einmal überlegen, ob wir gestern wirklich mit unserem iMobil vom Pass herunter geglitten sind…
Der rechte Kondor ist noch in der Pubertät, er färbt sein braunes Kleid in ein schwarzes um, die weiße Halskrause hat er schon.
Abends lassen wir es uns gut gehen in einem Restaurant direkt am Canyon Rand und Peter und ich essen frittierte Cuyes. Das sind Meerschweinchen und die kennt man in Peru nur auf dem Teller und nicht als niedliches Haustier! Sie schmecken eher wie Hähnchen als wie Kaninchen, aber selbst ich, der sonst mit einer 50-g-Portion Fleisch zufrieden ist, habe Mühe satt zu werden. Es ist einfach fast nix dran an dem Teil!
Christa und Stefan verabschieden sich am nächsten Nachmittag, nicht ohne versprochen zu haben, dass wir uns das nächste Mal beim Äppelwoi im Taunus wieder sehen. Wir freuen uns schon! Dann spazieren wir noch einmal zu unserem Mirador vom Vortag. Volltreffer - es kommt gleich ein ganzes Kampfgeschwader von mehr als 20 Kondoren angeflogen. Wieder einmal ist Kairos, der Gott des richtigen Augenblicks, uns hold!
Beim Wandern fliegen uns nicht nur riesige Geier, sondern auch Riesen-Kolibris vor die Linse.
* Der Colca Canyon ist tiefer als der Gran Canyon … allerdings nur, wenn man vom Gipfel des 5226 m-hohen-Señal Ajirhua misst. Dann sind es 3400 m Höhenunterschied bis in die Schlucht. Steht man am Canyon-Rand schwächt sich das etwas ab, beeindruckend bleibt er allemal.