Kulinarisches: Asado & Co

Argentinien und Chile: Nicht gerade Vegetarier-Gebiet.

Asado - Parrilla

Was haben Argentinier, Chilenen und Peter gemeinsam? Sie essen am liebsten Fleisch! Meist gegrillt über offenem Feuer. Asado, Parrilla liest man an jeder Ecke. Auf den Grill kommen Lämmer, Ferkel, Hühner, Würste, aber natürlich vor allem Rindfleisch! 

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Als Vorspeise gibt es traditionell eine Morcilla, d.h. eine Blutwurst - und danach ist der durchschnittliche Mitteleuropäer schon satt. Also bloß nicht aufessen, sonst ist kein Platz mehr für die Leckerbissen, die später serviert werden.




Nicht nur der Anblick ist etwas gewöhnungsbedürftig: Blutwurst mit zimtigem Weihnachtsgeschmack gibt es im iMobil aus der Pfanne.

Die Vielfalt an ganz speziellen Stücken vom Rind ist viel größer als bei uns. Die Tiere werden anders geschlachtet und zerlegt. Da die Verständigung oft schwierig ist und unser Wörterbuch offensichtlich von einem Vegetarier verfasst wurde, wissen wir nicht immer, welches Stück wir gerade kaufen. Aber das tut dem Geschmack keinen Abbruch! Peter ist sich jedoch immer sicher, wenn ein 800 g-Steak vor ihm liegt. Das kostet weniger als 10 EUR/kg. Beides, die Größe des Steaks sowie der Preis sind in Deutschland unvorstellbar. Einige Reisende sind etwas enttäuscht, dass sie das klassische Rinderfilet nach europäischem Vorbild nicht finden. Wir aber probieren die verschiedensten Stücke mit großer Experimentierfreude und entwickeln bald einen Geschmack für unsere Favoriten.

Auch die Grillmethoden unterscheiden sich fundamental von denen bei uns zu Hause. Nach Gaucho-Manier wird ein Feuer entfacht und das Fleisch wird in großen Stücken, zum Beispiel ein halbes Lamm, in einiger Entfernung von der Glut nur mäßiger Hitze ausgesetzt. Wenn es zünftig zugeht, wird dazu das Fleisch auf einem Spieß befestigt, der wiederum schräg in die Erde gesteckt wird. In Gaststätten muss ein Gitter mit einer Fläche von mindestens zwei Quadratmetern als Grillrost herhalten. In beiden Fällen wird sehr langsam, aber „durch“ gegrillt. Jeder Hobby-Grillmeister auf der heimischen Terrasse würde sich entsetzt abwenden. Das klassische „Steak medium“ haben wir in Südamerika bisher noch nirgendwo bestellen können. Peter versucht sich selbst als Grill-Anfänger auf argentinische Art, aber er braucht wohl noch ein wenig Übung. Was die Mahlzeit jedoch stets rettet, ist der unglaublich herzhafte Geschmack des Rindfleisches. Kein Wunder, denn die Tiere ziehen durch die weite Pampa, ernähren sich natürlich und bewegen sich viel. Das Fleisch ist von feinem Fett durchzogen und das gibt ein einzigartiges Aroma! Übrigens sind ganz entgegen unseren deutschen Erwartungen die Stücke mit mehr Fett teurer als die mageren.


Wurst und Käse, Butter und Brot

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Unser Frühstück ist gesichert :-)  Schinken ist zwar eher selten und vergleichsweise teuer, aber Salami und Käse gibt es in vielen Varianten. Butter, Marmelade, Honig und Eier stehen natürlich auch in jedem Regal.  Und auf das Schild „Hay Pan“ - „Wir haben Brot" - trifft man überall. Gemeint ist allerdings damit nicht unbedingt das, was wir Deutschen mit „Brot" verbinden. Meist handelt es sich eher um eine helles Brötchen, nur in größeren Städten findet sich auch mal ein Baguette - mmhhh!  Roggen-Sauerteig-Brot backen wir uns ab und zu selbst mit per Seefracht importiertem Roggenmehl. Wir haben den Stauraum unseres iMobil vor der Verschiffung kiloweise damit ausgefüllt und weder Zoll noch Hygiene-Inspektion haben sich dafür interessiert :-)))

Die Käseauswahl in Argentinien hält sich in Grenzen. Da gibt es neben den zig verschiedenen Gouda-artigen - sehen alle gleich aus und schmecken alle gleich - auch noch einen Camembert-ähnlichen. Bei den einheimischen Sorten war leider kein echtes Highlight darunter ;-)

In Chile geben die Kühe auf fetterem Boden offensichtlich auch fettere Milch, aus denen man richtig leckeren Käse machen kann. In den kleinen Tante-Emma-Läden liegen die Käse-Laibchen der nächsten Estancia auf der Theke - und so manches findet seinen Weg ins iMobil. Daneben liegt im Bild oben auch das typische chilenische „Pan amasado“. Unser (strengen) Meinung nach verdient es den Namen Brot nicht - es ist eher ein mal rund, mal quadratisch ausgestochenes Brötchen.


Obst und Gemüse

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Bei Obst und Gemüse unterscheidet sich das Angebot am wenigsten von zu Hause. In Patagonien sieht die Ware oft nicht ganz so frisch und knackig aus - dafür aber „natürlich". Aber der Geschmack ist so wie aus dem eigenen Garten, sehr intensiv. Wir sind in Deutschland offensichtlich ausschließlich an ausgewählte gut aussehende Export-Qualität gewöhnt, in Südamerika sehen wir überwiegend lokale Produkte.

Toll ist, dass wir hier im Sommer reisen. Es ist Dezember und es gibt frische patagonische Kirschen. Und der grüne Spargel landet regelmäßig auf unserem Tisch.

P.S. Fleisch, Gemüse, Obst, Eier, Honig etc. müssen wir vor jedem Grenzübertritt Chile-Argentinien und umgekehrt vertilgen, garen oder verstecken, sonst werden sie uns abgenommen. Dadurch wird die Vorratshaltung etwas erschwert, aber man wird erfinderisch. 

Dez 2017: Alles Gekochte haben wir bisher behalten dürfen. Wenn wir auf einen „pinzigen“ Beamten treffen, kann sich das noch ändern. Wir haben allerdings auch schon mitbekommen, dass die Zollbeamten das Stauraumkonzept unseres iMobils nicht so richtig verstanden haben - den Heckraum hat noch keiner inspiziert! Sie schauen nur unter die Bettdecke ;-)

Okt 2018: Jetzt hat ein chilenischer Grenzbeamte doch tatsächlich auch den Stauraum gecheckt und unter die Kühlerhaube gelugt, gefunden hat er dort jedoch nichts. Seinem Kollegen war das Gewühle etwas peinlich.


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Matetee

Matetee scheint zumindest in Argentinien eher ein gesellschaftliches Ereignis als ein Getränk zu sein. Selbst auf der Grenzstation haben wir beobachtet, wie ein Beamter die Kalebasse mit Matetee im Kreis der Kollegen herumreicht. Wohlgemerkt trinken alle aus dem gleichen Trinkröhrchen, der Bombilla! Die Kalebasse mit den Teeblättern wird mit Wasser gefüllt, dann schlürft eine Kollegin während sie uns abfertigt den Becher leer, gibt ihn zurück, Wasser wird nachgefüllt, der nächste übernimmt und schlürft seine Portion usw.

Auf der Parkbank, am Strand oder einfach auf der Straße - egal wo man hinschaut, kann man dieses Prozedere beobachten.


Auch im Supermarkt nimmt Matetee mehrere Regal-Meter ein.

Kult: Cappuccino, Medialunas und „Kuchen"

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Der Kaffee in Argentinien ist exzellent, aber wir kaufen gern ganze Kaffeebohnen und die sind recht schwer zu bekommen. Tatsächlich haben wir einmal welche entdeckt und gleich zugegriffen - aber das war ein Reinfall! Man soll nichts kaufen, was im Regal seine Zeit absitzt bis ein Tourist kommt … Fortan kaufen wir gemahlenen Kaffee wie die Einheimischen - kräftiges Aroma und pechschwarzen Farbe, da merkt man den italienischen Einwanderungseinfluss :-)
Und wir müssen zugeben, dass wir erst am Ende unserer ersten Etappe bemerkt haben, dass dem Kaffee immer etwas Zucker zugesetzt ist…



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Wer uns kennt, weiß, dass uns kaum etwas vom nachmittäglichen Cappuccino-Kult abbringen kann. Um die Zufriedenheit noch zu steigern, bedarf es einer Süßigkeit, die in Argentinien meist in Form eines Halbmondes Medialuna (eine Art Croissant) auf den Teller kommt. Was dem Norweger sein Skoleboller, ist dem Argentinier seine Medialuna!

Das chilenische Süden hingegen lässt sich nicht gerade als Kaffee-Hochburg bezeichnen. Regalweise schauen uns die Nescafe-Derivate im Supermarkt an. Instant-Kaffee? - der kommt aber bei uns gleich gar nicht in die Tasse! Peter unterdrückt sogar sein eleven-o-clockish-Gefühl und lässt den Espresso ausfallen, damit wir es ohne nachmittägliche Koffein-Defizite zurück nach Argentinien schaffen!
In der zweiten Etappe im Norden sieht es etwas besser aus.

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Ziemlich deutsch ist die Kuchen-Kultur in Chile. Nicht nur, dass Apfel-Streusel, Nusszopf & Co jedesmal wie hausgemacht schmecken, sie werden auch auf chilenisch als „Kuchen“ angepriesen. Da haben wohl die deutschen Einwanderer die handgeschriebenen Rezepte ihrer Mütter und Großmütter mit über den großen Teich gebracht - ein kleines Stückchen Heimat. Und in Touristenstädtchen, wie zum Beispiel Vicuña, gibt es sogar guten Cappuccino im Café - importiert aus Italien. 


Wein, Sekt und Bier

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Ein guter Malbec aus Mendoza ist schon etwas Feines! Und wenn dann der Preis noch stimmt, schmeckt er gleich noch einmal so gut. Die Auswahl ist erdrückend und es ist schwierig, eine für gut befundene Flasche einige Tage später im nächsten Laden noch einmal zu kaufen. Aber es macht großen Spaß, die Vielfalt auf sich wirken zu lassen und einen ausgedehnten virtuellen Streichzug durch die Anbaugebiete Argentiniens und Chiles zu machen. Die ganz jungen Jahrgänge sind nicht so unser Geschmack, aber es gibt leckere „Grand Reserva“ mit einem unschlagbaren Preis-Leistungsverhältnis. Und selbst die „Blends“ ohne Jahrgang gefallen mit ihrem runden und ausgewogenem Geschmack. Da waren erfahrene Kellermeister am Werk. 

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Ein Experiment ist der Kauf von Sekt, von den Argentiniern selbstbewusst als „Champan“ gekennzeichnet. Gleich bei der ersten Flasche ziehen wir die Augenbrauen hoch. Alle Achtung, wenn das die Franzosen wüssten. Und etwas später müssen wir anerkennen: die Chilenen können es genauso gut! 








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Das lokale Bier schmeckt uns vom ersten Tag an ausgezeichnet und zwar vom Bockbier bis zum Alkoholfreien. Letzteres gibt es leider nur in den größeren Supermärkten. Aber beim Bier schlägt das Deutschtum ab und an zu, und es finden sich skurrile Namen, wie „Zillertal“ oder „Kunstmann sin alcohol - das gute Bier“. 

Das „echt lokale“ Bier gibt es fast ausschließlich in 1-Liter-Flaschen. Das finden wir komisch - warum eigentlich?  Wir trinken ja auch Wein aus großen Flaschen. Und mal ehrlich, ein echter Macho und eine kleine Flasche Bier? Wie peinlich!







Bordküche - Outdoor-Küche?

Heikes Plan, „wenn sie sich zur Ruhe gesetzt hat“, ein Outdoor-Kochbuch herauszugeben, hat sie in Südamerika endgültig ad acta gelegt. Nicht, weil unsere Bordküche nicht für ein Kochbuch geeignet wäre, sondern weil unsere Bordküche nichts mit Outdoor-Küche zu tun hat- Wir kochen wie zu Hause! 

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Ein Salat vorweg ist obligatorisch. Tomaten, Gurken, Möhren, Oliven und Eisbergsalat gibt es wirklich überall. Kopfsalat ist leider selten. Aber auch fünf Zutaten geben der Mathematikerin schon fast unendlich viele Möglichkeiten der Kombination ;-)
Gutes Olivenöl, Essig und Honig für die Vinaigrette gibt es tatsächlich auch überall. Fehlt noch der Senf - da wird es zum Teil schwierig. 

Outdoor-Erfindung: Für Senf-Durststrecken haben wir ein Tütchen Senfmehl importiert. Davon ein bisschen in die Salatsoße -  schmeckt am pazifischen Ozean exorbitant gut!



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Kommen wir also zum Hauptgericht: 

Am Montag gab’s Eintopf aus Hackfleisch, roten Kartoffeln, rotem Paprika und Zwiebeln.
Am Dienstag Steak mit Bratkartoffeln und Broccoli. 
Am Mittwoch See-Aal mit Couscous und ein paar Möhren drin. 
Am Donnerstag Bratwurst mit Paprikagemüse. 
Am Freitag Garnelen mit was eigentlich?
Am Samstag Stew - seit Afrika nennen wir den im Potje überm Feuer gekochten Gulasch so - aus unübertrefflich aromatischem Rindfleisch mit Tomaten und Gemüsezwiebeln, dazu Nudeln.

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Und am Sonntag Zucchini mit Estragon, Bratkartoffeln mit Koriander und für den Fleischliebhaber ein Steak vom „herum-roamenden“ Pampas-Rind :-))))  Und dann ist wieder Montag. 

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Doch, einen Essensplan gibt es nicht! Die Entscheidung fürs Abendessen fällt frühestens morgens. Oft lassen wir uns aber vom Tagesangebot leiten und es kommt auf den Tisch, was auf dem Fisch- oder Gemüsemarkt gerade besonders frisch und gut aussieht. So schmeckt es meistens noch ein bisschen besser als zu Hause! 

Bleibt schließlich zu erwähnen, dass wir auch eine echtes Outdoor-Essen haben, wenn auch nur als süße Beilage zum Cappuccino: Wir veredeln die trockenen Brotreste zu „Armen Rittern“ mit Zucker und Zimt - mmhhh!


„Heimweh-Essen“: Lorchens Hackfleischküchli. 

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