Entlang der Ruta 40 durch Gondwanaland

Im Flusstal des Rio Belgrano: Nur mit Adleraugen entdeckt man die Estancia am Horizont.

Von El Chaltén fahren wir weiter Richtung Norden. Nach 90 km biegen wir ab auf die Ruta National 40 und landen wie schon einige Tage vorher in hügeligem, staubigem Buschland. Am Horizont stehen kahle Koppies, bunt gestreifte Felsformationen und sogar Tafelberge. Immer wieder passieren wir jetzt ausgetrocknete, aber von sintflutartigen Regenfällen tief zerfurchte Flusstäler. Darüber hinaus ziehen sich über hunderte von Kilometern die Weidezäune der Estancias rechts und links der Straße entlang. Sind wir hier in Namibia gelandet?

Bei genauerem Hinsehen gibt es ein paar feine Unterschiede: Guanakos ersetzen Springböcke, Nandus Strauße und die Temperatur ist 20°C niedriger als in Afrika - aber sonst? Es ist schon sehr verblüffend, wie diese Landschaften sich noch ähneln, nein, eigentlich sehen sie identisch aus! Bis vor 150 Millionen Jahren waren Afrika und Südamerika ein Kontinent - das Gondwanaland. Und noch heute fühlt es sich so an, als wenn man von Namibia aus nur wenige 100 km weiter westwärts gefahren wäre, um im Süden Patagoniens zu landen. 

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Genau diese bunten Bergformationen und Canyons haben wir auch in Namibia und Südafrika gesehen - nur etwas weniger grün.

Der erste Abstecher von der Ruta 40 führt uns Richtung Westen direkt auf die Anden zu, zum Nationalpark Perito Moreno. Vor uns breitet sich das 30 km(!) breite Flusstal des Rio Belgrano aus. Eine karge Ebene, auf 700 bis 800 m über dem Meer gelegen, rechts und links begrenzt durch moderate Berge, in der Mitte irgendwo erkennbar das grüne Flusstal und ganz hinten am Horizont in 100 km Entfernung die schneebedeckten Gipfel der  Anden. Auf diesen 3000 qkm liegen fünf oder sechs Estancias. Ab und zu ist ein Autoreifen am Straßenrand als Markierung aufgebaut, hier geht dann der 5 km lange Anfahrtsweg zur Estancia ab. Nur selten können wir in der Ferne ein Gebäude mit einigen Pappeln als Windschutz drum herum ausmachen. Die anderen Gehöfte sind mit bloßem Auge nicht zu erkennen. Wie schon öfter in den letzten Wochen wird uns hier bewusst, wie groß der Maßstab für die Landschaft in Patagonien ist: Die Täler sind weiter, die Berge höher, der Horizont manchmal erst 200 km entfernt sichtbar. Von der Hochebene über dem Lago Agentino aus sehen wir zum Beispiel die markante Kontur des Monte Fitz Roy am Horizont. Dennoch wundern wir uns - der muss doch noch ziemlich weit weg sein!? Ein Blick auf maps.me bestätigt: es sind genau 163 km Luftlinie! Das ist, als sähe man die Dresdener Frauenkirche von Berlin aus oder den Kölner Dom von Frankfurt am Main aus! Solche Dimensionen sind für uns überwältigend.

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In 160 km Entfernung der Fitz Roy.    Die ehemalige Estancia El Rincón (NP Perito Moreno) ist windgeschützt hinter den Hügel gebaut.


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Anschließend geht es zurück auf die Ruta 40 und weiter nach Norden. Die Höhle der Hände, Cueva de las Manos, und davor 
Bajo Caracoles mit der ersten Tankstelle seit 400 km ist unser nächstes Ziel. Als Ortschaft auf einer Landkarte im Maßstab 1:1.600.000 eingezeichnet wundern wir uns dann doch über deren Ausdehnung :-) Die Szenerie in dem kleinen Shop, der zur Tankstelle gehört, wirkt auf uns wie in einem modernen Wild-West-Film. Eigentlich fehlt nur die Salon-Tür, die wir aufstoßen können und der Colt am Gürtel der stoppelbärtigen, mürrischen Betreiber. Aber immerhin, statt eines Whiskeys gibt es schnelles Internet - für uns das erste mal seit genau 13 Tagen und 1000 km Fahrt. Und da gerade Weihnachen ist, nutzen wir das natürlich um Zuhause anzurufen….

Bajo Caracoles City - bitte rechtzeitig bremsen, damit man nicht vorbei braust.


Bei Bajo Caracoles verlassen wir die legendäre Ruta 40 für die nächsten Wochen in Richtung Westen. Auf grobem Schotter geht es zum Lago Posadas und von dort über den Paso Roballos nach Chile. Hier werden wir der Careterra Austral in Richtung Norden folgen, bevor wir in einigen Wochen wieder die Anden in Richtung Argentinien überqueren, um die Gegend um Bariloche zu besuchen. Dort werden wir auch wieder auf die Ruta 40 treffen.


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Zu Weihnachten sind wir in recht bunter Landschaft am Lago Posadas. Im iMobil gibt es Raclette - man kann ja Weihnachten und die Tradition nicht ganz übergehen…

Schon wieder eine kolorierte Postkarte - der weiße Punkt im grünen Schilf entpuppt sich als einsamer Flamingo! 

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