Eigentlich wollen wir bei unserer Weiterreise nach Namibia durch den Chobe NP fahren und dort auch übernachten, aber unser erster Versuch eine Reservierung für ein Camp vorzunehmen, scheitert kläglich. Sowohl Ihaha, als auch Savuti sind bis zum Ende des Monats voll ausgebucht. Auch ist die Reservierungsdame am NP-Eingang so unfreundlich und fast sogar unverschämt, dass Peter mich zwei Tage später alleine zu ihr schickt, um nach Stornierungen zu fragen. Von Frau zu Frau läuft es etwas besser und zum Schluss entschuldigt sie sich sogar für ihr Verhalten. Einen freien Platz gibt es trotzdem nicht.
Aber, …
… der Beamte am Eingang ist etwas freundlicher, wir sollen direkt am Camp nach einem freien Platz fragen. Wenn nichts frei ist, dann müssen wir eben abends wieder aus dem Park rausfahren. Im Camp selbst ist man sehr bemüht und verspricht uns zu helfen. Wir könnten uns schon mal ein Plätzchen am Ufer des Chobe Flusses zum Picknick suchen. Der Camp-Manager will dann versuchen, die Reisenden in der Reihenfolge des Eintreffens geschickt zu verteilen. Von da an wissen wir, wir dürfen hier übernachten!
Am Abend bleibt das Camp halb leer. Bei Preisen von über 100 US Dollar pro Tag können wir uns nicht vorstellen, dass so viele Reisende ihre bezahlte Buchung verfallen lassen. Die einzige plausible Erklärung ist, dass die Reservierungssysteme schlichtweg nicht funktionieren. Wir haben bisher bei allen (!) Camps eine gravierende Diskrepanz zwischen Buchungsstatus und tatsächlicher Auslastung festgestellt. Wir sind flexibel, denn wir haben Zeit und die Technik unserer Kabine macht uns unabhängig. Damit können wir auch mal ein Risiko eingehen und einfach hinfahren. Urlaubsreisende mit einem festen Zeitplan, lediglich einem Zelt und begrenzten Vorräten an Trinkwasser und Lebensmitteln würden das wohl nicht so schnell wagen. Schade, dass so viele Reisende um tolle Erlebnisse gebracht werden.
Wie das im Leben manchmal so ist, wird aus der ganzen Aktion, die ziemlich ärgerlich angefangen hat, dann sogar noch ein richtig netter Abend. Wir treffen nämlich ein Paar aus Freiberg, die mit ihrem gemieteten Allradfahrzeug und Dachzelt vier Wochen unterwegs sind. Der Sachse liebt das Reisen sehr … und wie sich im Laufe des Abends herausstellt, haben die beiden schon ziemlich abenteuerliche Reisen u.a. nach Südamerika, Osteuropa und Indien absolviert - alles mit Rucksack und öffentlichen Verkehrsmitteln. Respekt!
Der Tag selbst war angefüllt mit vielen Tierbeobachtungen während unserer Fahrt entlang des Chobe Rivers, der dem Nationalpark seinen Namen gegeben hat. Eine der Attraktionen des Parks sind die vielen Elefanten, die hier in großen Herden von oft 100 Tieren durch die Gegend ziehen und einmal täglich ihren Durst am Fluss löschen. Die Gegend um den Chobe gilt in Afrika als Eldorado für Elefanten. Nirgend wo sonst können sie noch so ungehindert umherziehen. Der Chobe ist hier zwar Grenzfluss zwischen Botswana und Namibia aber es gibt keinerlei Grenzbefestigung, die die Tiere bei ihren natürlichen Wanderungen behindern würde. Das ist längst nicht selbstverständlich. Selbst innerhalb der Länder werden Zäune von mehreren 1000 km Länge erbaut und sind nur an bewachten Toren passierbar. Diese Maßnahmen und die Kontrollen insbesondere bei Fahrten von Nord nach Süd sollen die Ausbreitung der Maul- und Klauenseuche verhindern. Die meisten afrikanischen Ländern betreiben umfangreiche Viehhaltung und wollen bzw. müssen so ihre Bestände schützen. Wir müssen nur den Kühlschrankinhalt vorzeigen und Fleisch wird konfisziert. Den Wildtiere jedoch werden ihre Wanderpfade zu den Wasserstellen während der Trockenzeit abgeschnitten. Dadurch gab es in Dürrejahren schon Tiersterben in unvorstellbarem Ausmaß. Hunderttausende sind bei ihrer verzweifelten Wanderung entlang der Veterinärzäune verdurstet.
Die Allradstrecke entlang des Flussufers ist etwas anspruchsvoller, als wir sie von unserem letzten Besuch 2009 in Erinnerung haben. Zwischenzeitlich hat die Parkverwaltung sogar ein Einbahnstraßen-System eingeführt, da zu viele Autos beim Ausweichen vor Gegenverkehr im weichen Sand stecken geblieben sind. Wir reduzieren den Luftdruck in unseren Reifen und pflügen mit ziemlich hohem Dieselverbrauch durch den Tiefsand. Einige Male aktivieren wir zur Sicherheit die Differentialsperren, um erst gar nicht zu riskieren, dass wir bei der Gluthitze - es hat 40 Grad - zur Schaufel greifen müssen. Die Klimaanlage läuft auf Hochtouren und sobald wir stehen bleiben und damit die Drehzahl des Hauptlüfters im Leerlauf runter geht, meldet sofort einer der vielen Sensoren der Motorelektronik „Mir ist zu heiß!“. Schon ein leichter Tritt aufs Gaspedal behebt das Problem, nun jedoch flimmert die heiße aufsteigende Luft vor der Windschutzscheibe und der Temperatursensor am Außenspiegel meldet 45 Grad.
Abends kühlt es auf sehr angenehme 25 Grad ab und wir tauschen mit den reiselustigen Sachsen einige Erlebnisse aus und genießen dazu je nach Vorliebe ein kühles Bier oder ein Glas Rotwein (beides aus dem Kühlschrank!).
Am nächsten Morgen verabschieden wir uns von unseren Campnachbarn, die schon zeitig aufbrechen, frühstücken, so lange die Temperaturen noch erträglich sind und fahren weiter in Richtung Westen zum Parkausgang. Wir spielen noch kurz mit dem Gedanken, auf die gleiche spontane Art und Weise das angeblich auch ausgebuchte Savuti Camp zu besuchen, verwerfen diese Idee jedoch schnell wieder. Wir müssten einen ziemlich großen Umweg über Maun nach Süden fahren und dann um das Okavango-Delta herum wieder in Richtung Norden, denn wir wollen als nächstes den Norden Namibias ausgiebig bereisen. Wir entschließen uns also, gleich am Parkausgang bei Ngoma über die Brücke zu fahren und sind nach wenigen Minuten von Botswana nach Namibia eingereist. Alles läuft sehr effizient ab, lediglich der Beamte, der den Import unseres Autos abwickelt, macht einen Fehler und stempelt das Carnet an der falschen Stelle ab. Damit ist die Seite ungültig. Nach kurzer Beratung reisst Peter einfach die ganze Seite heraus und wir machen auf der nächsten leeren Seite weiter. Nun hat unser Carnet nur noch 19 statt 20 Seiten. Ob das wohl mal jemand merkt?
Damit hat unser Aufenthalt in Botswana nach nur fünf Tagen ein ungeplant schnelles Ende gefunden. Das hat unterschiedliche Gründe. Erstens haben wir die Attraktionen im Süden des Landes, insbesondere die Salzpfannen mit der mystischen Insel Lekhubu und die Kalahari schon 2009 bereist. Eine Fahrt dorthin hätte uns auch ziemlich weit von unserer Hauptrichtung Westen abgebracht. Zweitens haben wir diesmal Botswana als ziemlich kommerziell, manchmal auch unfreundlich empfunden. Der Tourismus ist mittlerweile hoch entwickelt und so sehr wir das den Menschen in Botswana als Einkommensquelle gönnen, so wenig attraktiv ist das für uns als Individualreisende. So dürfen seit 2010 private Besucher des Chobe NP den Park nur von 9:00 bis 14:30 Uhr befahren. Die für die Tierbeobachtung attraktiveren Zeiten am Morgen und Abend sind den kommerziellen Safari-Tour-Anbietern vorbehalten. Außerdem hat ein System aus Einbahnstraßen in der Weite der afrikanischen Nationalpark-Landschaft auch etwas ziemlich Bürokratisches und nicht mehr so viel von Freiheit und Abenteuer. Das i-Tüpfelchen sind aberwitzige Preise für die Übernachtung in Lodges. Hier werden schon mal 600 bis 1000 US Dollar verlangt - pro Person und Nacht! Auch wenn diese Camps sehr exklusiv sind und den Besuchern ein einmaliges Erlebnis und viel Luxus im Busch geboten wird, sind das für uns Auswüchse des Tourismus. Wir hatten nie vor, in diesen Lodges zu übernachten, aber diese Sache rundet das Bild ab.
Das Gute daran? Wir fühlen uns ein weiteres Mal bestätigt in unserem Beschluss, Afrika jetzt zu bereisen, so lange es noch existiert, wie wir es kennen und lieben gelernt haben. Für Botswana war es schon fast zu spät …