Ankommen - 900 km bis Córdoba

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700 km von 900 km durch die Pampa  - da freut man sich, wenn man irgendetwas Exotisches entdeckt.

Knapp 900 km fahren wir ab Uruguay Richtung Westen bis Córdoba, unserem ersten Reiseziel. Zeit genug, sich zu akklimatisieren und die Eindrücke unserer ersten Südamerika-Etappe aufzufrischen.

Das Umschalten auf den Reisemodus dauert bei uns keine zwei Sekunden mehr. Einige größere Einkäufe verstauen wir in unseren Vorratskisten, der Tank wird mit gutem Euro-Diesel gefüllt und unsere SIM-Karte wieder aufgeladen. Detaillierte Karten von ganz Südamerika und eine Datenbank mit den schönsten Übernachtungsplätzen in der Wildnis sowie der nächsten Autowerkstatt haben wir noch zu Hause abgespeichert. Die praktischen Aspekte des Langzeitreisens gehen uns mittlerweile recht gut von der Hand. 

So überraschend es ist, die Besonderheiten und Eigenarten eines Landes das erste Mal zu entdecken, so schön ist es, sie beim zweiten Mal freudig oder schmunzelnd wieder zu erkennen: 

  • Schon am Flughafen stehen die Wartenden mit Thermoskanne unterm Arm und trinken ihren Mate-Tee.
  • Die erste Medialuna, das allgegenwärtige argentinische Croissant, essen wir auch gleich nach der Ankunft noch in Buenos Aires. Köstlich, wie immer! 
  • Das erste Frühstück mit patagonischer Hagebutten-Marmelade gibt es am nächsten Morgen,
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Medialuna und Marmelade aus Pataganien zur Begrüßung, den Reise-Kaktus gab’s zum Abschied in Deutschland. 

  • den ersten kultig-selbstgebrauten Cappuccino aus Kaffee mit Zuckerzusatz am Nachmittag. (In einem gewöhnlichen Supermarkt gibt es leider weder Kaffeebohnen, noch Kaffee ohne 10 % Zuckeranteil zu kaufen. Aber man gewöhnt sich an vieles.)
  • Einen Rest Dulce Leche von unserer Patagonien-Etappe machen wir in der ersten Woche nieder. Wir sind uns einig, dass wir diese braune Karamell-Masse süß-eingedickter, klebrig-streichfähiger Milch nicht mehr kaufen müssen. 
  • Der erste Einkauf in Uruguay startet mit einer überschwänglichen Begrüßung und angeregten Konversation im Gemüseladen, ebenso unglaublich nett ist die Bedienung im Supermarkt. Das kriegen wir Deutschen so nicht hin! Mittlerweile können wir uns gut vorstellen, dass Ausländer sich bei uns nicht wohlfühlen. Gerade berichtet ein aktueller Zeitungsartikel davon …
  • Zwei Tage später begrüßt uns kurz nach dem Grenzübergang nach Argentinien das altbekannte Plakat: „Las malvinas son argentinas!“ - frei übersetzt: Die Falklandinseln gehören uns! Da tun sich dann doch ein paar Fragezeichen auf … Vor einigen Jahren haben fast 1000 junge Männer aus Argentinien und England deswegen ihr Leben sinnlos verloren.
  • Und dann die Pampa: Hunderte von Kilometern flaches Land mit ebenso langen Weidezäunen. Prompt stellt sich auch das Pampa-Gefühl topfebener gähnender Leere wieder ein.
  • Dass uns die Leute aus vorbei fahrenden Autos oder vom Straßenrand wieder zuwinken, freut uns ganz besonders. 
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  • Die vielen Schreine entlang der Straße hätten wir fast vergessen,
  • ebenso die gelben Sterne auf der Straße, die einen Verkehrsunfall markieren. Ein Stern für jeden Toten.
  • Der südamerikanische Wind bringt sich erst am Tag fünf in Erinnerung. Aber wir wissen jetzt damit umzugehen. So unmittelbar wie der Sturm auffrischt, legt er sich auch wieder. Bei uns heißt das mittlerweile „Wind An - Wind Aus!“. Funktioniert immer noch …



Diese Maria beschützt uns an einem Übernachtungsplatz.

  • Am Sonntag Abend hören wir die Trommelwirbel aus der Stadt zu uns herüber hallen: sonntags abends wird nämlich für Karneval geprobt. Jeden Sonntag Abend. Zwar nicht im Kostüm, aber getrommelt wird mit der gleichen Vehemenz wie an Karneval selbst. Letzteres Erlebnis steht für uns allerdings noch aus. 
  • Auch die Vermüllung der Parks und Grünanlagen fällt leider unter Wiedererkennung - hier können wir nicht schmunzeln. Insbesondere scheint es ein Sport zu sein, die Überreste nächtlicher Liebesausflüge einfach aus dem Auto zu werfen. Hmmhh.
  • Ja - und dann bekomme ich gleich am Anfang auf einer Autobahn-Raststätte den ersten Schmatz auf die Backe mit dem Kommentar: Wir küssen viel in Argentinien! Da kann ich nur lächeln: Ja, das weiß ich schon :-) 
    Übrigens: Der Küsser von der Estancia „Doma India" entpuppt sich als der Monty Roberts für Südamerika.
  • Und zum Kuss kommt gleich auch die erste Einladung auf seine Pferdefarm in der Nähe von Mendoza mit der Zusatzfrage: Esst ihr gerne Fleisch? Das konnte zwar nur Peter bejahen, aber wir sind uns einig: diese Einladung sollten wir annehmen!

Auch wir selbst mutieren und tun Dinge, die uns daheim nicht im Traum einfallen würden: 

  • Wir backen Eier zum Frühstück. Ein Relikt aus Afrika, wo wir uns nicht trauten, weich gekochte Eier zu essen.
  • Peter wachsen WLAN- Antennen und mir Stielaugen. Der eine sucht nach „Free WIFI“, die andere nach optimalen Cappuccino- und Übernachtungsplätzen. Darin sind wir inzwischen ziemlich erfolgreich!
  • Und ich würde mich zu Hause natürlich auch nicht ständig abschmatzen lassen: von einem Arzt - geschehen in El Calafate -, von einem Polizisten - geschehen in Cochrane - oder von einem Pferdeflüsterer auf der Autobahnraststätte. 
    Obwohl, … warum eigentlich nicht? 
  • Dennoch hat die Mutation jetzt einen Grad angenommen, der uns selbst bedenklich stimmt…
    Während unsere ersten Etappe in Südamerika haben wir es fünf Monate lang geschafft, nicht an den von anderen Overlandern so hoch gepriesenen YPF Tankstellen zu übernachten. Diese staatlichen Tankstellen haben Euro-Diesel, zusätzlich aber oft auch „fast WiFi“ und Fast Food, kostenlose Duschen für die Mädels und 30-Pesos-8-Minuten-Duschen für die Trucker-Jungs. Tanken ja, aber übernachten? - muss nicht sein! Kurz vor Córdoba machen wir aus der Not eine Tugend: einmal bei YPF zwischen Trucks und streunenden Hunden, das ist einfach Kult! Gehen wir auch duschen? Ja, und spätestens jetzt sind wir in die Trucker -Gemeinde aufgenommen. Dazu haben wir immerhin sieben Jahre gebraucht ;-)
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Auch zum Ankommen gehört der Besuch der ersten Iveco-Werkstatt: Öl und diverse Filter wechseln, Cappuccino für die Mannschaft. Das läuft auch ein bisschen anders ab als bei uns daheim. Nach einem halben Tag Arbeit mit zwei Leuten bezahlen wir nur die Ersatzteile, keinen Arbeitslohn :-)

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