Wenig spektakulär, sondern gemütlich liest sich die Beschreibung zur Wanderung um das Dorf Aït Youl - und entpuppt sich als äußerst abenteuerlich. Wir kommen uns vor wie im vordigitalen Zeitalter, denn heute helfen unsere OSM-Karten auf dem Handy nichts. Den Weg gibt es auf keiner Karte! Der heruntergeladene Wander-Track „liegt einfach in der Landschaft“. Na, dann laufen wir mal los!
Wie fruchtbar das Tal des Dades ist, sehen wir gleich am Anfang, als wir durch die bewässerten Beete der Gemüsegärten starten und uns gleich das erste Mal verlaufen… Wir lernen, dass als Orientierung Oliven- und Feigenbaumreihen hilfreich sind, die die Felder begrenzen und unterteilen. Der Weg verläuft auf den angehäuften Wällen zwischen den Feldern, damit man keine nassen Füße bekommt.
Auch die Mauern der Bewässerungskanäle, aus denen die Feldparzellen abwechselnd geflutet werden fungieren als Wanderweg. Diese Wanderung muss ein Luis-Trenker-Typ auf seiner ersten Marokkoreise vor 50 Jahren erkundet haben …
Zunächst aber balancieren wir über den Dades - bzw. folgen zwei Berberfrauen, die besser wissen, wo’s lang geht, durch das schlammige Ufergestrüpp bis wir den zusammengenagelten Steg ans andere Ufer entdecken.
Auf dem Weg „in die Berge“ hilft der suchende Blick in die Landschaft dann nicht mehr. Track und Landschaft passen nicht übereinander. Wir lesen die Wegbeschreibung: Am großen Olivenbaum vorbei, im Zentrum der Wegkrümmung links abbiegen, … ?!?
Laut Beschreibung wird der schlecht (!) erkennbare Eselspfad bergauf immer deutlicher - aha! Ich sehe zwar hin und wieder Fußspuren vor mir, aber die sind von Peter, der vor mir läuft.
Aber da sitzt dann eine Berberfamilie am Eselspfad und macht Rast auf dem Weg zu ihrem Bergdorf. Was passiert? Der Mann bietet uns Tee an!
Wir stellen und die umgekehrte Situation in Deutschland vor … aber ist sie wirklich vorstellbar?
Noch ein bisschen weiter erreichen wir die „Roten Berge“ - ein sehr markantes Landschaftsbild, das in der Wegbeschreibung mit keiner Silbe erwähnt ist.
Steht da nicht eine einsame Palme? Palme ist Oase! Oase heißt Rast einlegen.
Dass wir auf dem Weg bergab ins Dorf noch von Hütehunden verfolgt werden, sei nur am Rande erwähnt. Als sie unsere Pfefferspraydose entdecken, überlegen sie sich’s Gott sei Dank anders.
Durchs Dorf Aït Youl und ums Dorf herum geht heute die Wanderung. Die Felder sind mit Wällen abgegrenzt, damit man sie einzeln fluten kann. Von der letzten Überschwemmung im Oktober hängt das Stroh in Augenhöhe in den Bäumen. Am Wegrand stehen ab und zu Trinkwasserbehälter mit Becher.
Wir fahren noch ein bisschen weiter Richtung Todra-Schlucht und finden einen „best ever“ Übernachtungsplatz „Zwischen den Schluchten“. 360°-Blick, absolute Ruhe, wahnsinnige Sonnenauf- und Sonnenuntergänge. Wir bleiben zwei Tage.
Auf dem Weg dahin sehen wir noch ein Bild für Götter: Zwei Frauen haben an einer Ausweichstelle am Straßenrand ihren Gebetsteppich auf dem sandigen Boden ausgerollt und knien Richtung Mekka. Der Mann sitzt auf einem Campingstuhl - sichtlich gelangweilt - daneben. Ja, man(n) betet eben nicht zusammen mit Frauen.
Bzgl. der Sonnenaufgangs- und Sonnenuntergangsbilder können wir uns leider nicht auf eines beschränken.
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