Fès gilt als heimliche Hauptstadt, geistiges, wissenschaftliches, kulturelles und kulinarisches Zentrum von Marokko. Noch ein paar Auszeichnungen gefällig?
Ja, Fès hat die größte und älteste Medina (Altstadt) der Welt mit je nach Quelle 9 000 bis 12 000 Gässchen. Wer hat die gezählt, wo sie nicht einmal in OSM-Karten vollständig verzeichnet sind?
In dieses Welterbe-Labyrinth stürzen wir uns durch eines der die Medina eingrenzenden Stadttore, Bab Bou Jeloud. Es ist 14:00 Uhr. Erst zum Abendessen verlassen wir die Medina durch das Bab Sid Láouad am anderen Ende.
Die Medina von Fès beeindruckt uns weniger durch das Angebot der Märkte und Läden - die waren in Tetouan definitiv authentischer - als durch die kunstvollen und Fenster, Türen, Tore und Schlösser, durch die Besuche von Moscheen und Koranschulen, durch die Blicke ins Innere der Riads und in ihre grünen Innenhöfe, die wie Oasen mitten in der Stadt mit Palmen und Bougainvilleen begrünt sind und in denen Vögel zwitschern und Springbrunnen plätschern. Zwischendurch nehmen wir einen „originalen“ Minztee mit viel (!) Zucker in der Stammkneipe der Nachbarschaft. Inzwischen sehen wir auch schon so routiniert aus, dass wir uns ihn selbst einschenken dürfen…
Zum Abendessen landen wir in einem Riad, einem marokkanischen Palast aus dem Jahr 1281. Von außen absolut unscheinbar, vielleicht sogar schäbig, fast ohne Fenster, eine Art finsterer Wohnturm. Den Eingang finden wir nur mit Hilfe eines „Freundes des Hauses“, der „zufällig“ fünfzig Meter weiter an einer Ecke „herumlungert“. Peter will fast schon umdrehen, als wir uns hinter ihm durch die stinkenden Katzenwinkel zwängen. Es ist wirklich unangenehm. Aber die 4,9-Google-Bewertung übertrumpft die Skepsis.
Und dann sind wir drin durch eine niedrige Tür und einen engen Gang im Innenhof dieses Wohnturms und erkennen, dass es sich um einen fürstlichen Palast handelt.
Heute wird der Palast im dritten Stock von drei Generationen bewohnt. Von Kleinkind bis Opa rennen bzw. schlurfen alle mal an uns vorbei, ducken sich durch eine schmale Tür, zwängen sich ins noch engere Treppenhaus. Im Innenhof um einen Brunnen herum und in den angrenzenden Kemenaten ist das Restaurant eingerichtet. Der Sohn ist Besitzer, Kellner und Koch gleichzeitig, denn wird sind zunächst die einzigen Gäste.
Als noch ein russisches Pärchen zu uns stößt, das sich auf dem Weg zu seiner Unterkunft verirrt hat, unterhalten wir uns noch über Krieg und Frieden. So abwechslungsreich kann Reisen sein!
Übrigens: Auch den Aussichtspunkt von der Dachterrasse eines angrenzenden Hauses auf die Gerberei hätten wir nicht alleine gefunden, aber es findet sich überall ein Helfer. Es hat nicht - wie überall beschrieben - bestialisch gestunken und es war nicht - wie auf allen Postkarten und Hauswänden gemalt - „bunt“. Offensichtlich sind die Leder-Farben der Saison grau-grüne Pastelltöne.
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