Alles selbst erlebt! 2023 in Brasilien.

Strandidylle(n)

Stillleben: Rotes Sonnendach vor Blau.

Brasilianer fahren rückwärts zum Strand, gehen ums Auto und machen als erstes ihren Kofferraum auf. Alle Kofferraumdeckel am Strand stehen auf, ohne Ausnahme. 

Manche verkriechen sich darunter in das bisschen Schatten oder suchen Schutz vor Wind, manche zurren ihren Sonnenschutz - Plane, Decke oder den Sonnenschirm - daran fest. 

Im Kofferraum selbst befinden sich … nicht das Gepäck, sondern die Boxen. Die wummern mehr oder weniger laut vor sich hin. Manch einer holt sie noch raus und stellt sie unters Sonnenschirmchen.

Am liebsten würde man ins Wasser fahren, mindestens fährt man aber so dicht heran, dass man zu seinem Stuhl, der im Wasser zu stehen kommt, keine drei Schritte gehen muss. 

Dazu nimmt man auch in Kauf, durch die erste Pfütze fahren zu müssen, damit man auf einer Sandbank umringt von Wasser zum Stehen kommt.

Sehr beliebt sind auch Happenings fünfzig Meter vom Strand entfernt im Wasser. Die Lagune ist flach, so flach, dass nach hundert Metern das Wasser immer noch die Nabelgegend umspült. Man watet dann, Sonnenschirm geschultert, zu seinen Freunden, rammt den Sonnenschirm ins Wasser und …

fertig ist das Sonnenschirm-Atoll.

Der Strand ist mehr als drei Kilometer lang und sicher zweihundert Meter breit. Aber der Herdentrieb führt dazu, dass wir nicht nur einmal sehr dichte Nachbarschaften pflegen. Bei dem Andrang an Silvester ging’s nicht anders, aber sechs Wochen später? 

Ringsum ist jede Menge Platz. Als uns acht Mann, genauer zwei Familien mit Kind und Kegel, mit Kühltruhe, Ölfass-Grill, Zelten, Matratzen, Kopfkissen und Diesel-Generator(!) auf die Pelle rücken, schütteln selbst die anderen Brasilianer um uns rum den Kopf. 

Als sie den Diesel-Generator anschmeißen, ergreifen wir die Flucht. Zweihundert Meter weiter stehen wir wieder allein … bis der nächste unsere Nähe sucht.

Dann gibt es natürlich allerlei exotische Strandvehikel: die bei den Brasilianern sehr beliebten Campingbusse, einer länger als der andere, einen Traktor und ein Holzauto. 

Auch wir gehören dazu. Unsere tibetanische Wäschefahne im Wind rundet das Bild ab.

Und dann lieben sie das Geknatter!

Man müsste die Komiksprache besser beherrschen, um das Geknatter am Strand anschaulich beschreiben zu können. Mopeds, Quads, Jetskis und Buggies eifern um die Wette, dazu kommen die Horrorböcke. So nennen wir alles, was nicht mehr straßentauglich ist. Horrorböcke gibt es viele. Horrorböcke sind besonders laut.

Horrorbock-Fahrer kommen entweder nach Anbruch der Dämmerung angeknattert - keine Polizeistreife mehr in Sicht - oder das Gefährt wird auf dem Anhänger gebracht, wie auch viele Geländemotorräder und Quads.

Schon morgens um sechs fährt der erste mit lautstark an uns unserem einsamen (?!) Lagunenplatz vorbei in die Dünen. Der liebt es wohl auch ruhig? 

01/02/2023

©    P Wroblowski / H Zängerlein 

©   P Wroblowski /H Zängerlein