Wir waren vorgewarnt. Die Reiseführer beschreiben nicht gerade ein kulinarisches Mekka. Die Realität war sehr differenziert und teilweise schlimmer als erwartet.
Um mit dem Positiven anzufangen: Die Qualität der einheimischen Lebensmittel ist ausgezeichnet, wirklich Spitze! Es gibt Erdbeeren, die sind so dunkelrot, wie wir sie noch nie gesehen haben und riechen noch im Körbchen wie auf dem Feld. Frische Kirschen und Himbeeren am Hardangerfjord sind riesig groß, fleischig, süß und saftig. Der Lachs und Fisch allgemein sind super frisch und extrem lecker. Auch guten lokalen Käse haben wir gefunden (u.a. hellen Geitost, geit = Ziege, ost = Käse).
Das Urteil über den Brunost oder braunen “echten” Ost - wir haben den besten, d.h. “Gudbrandsdalsost” gekauft - muss jeder selber fällen. Für die eine schmeckt er wie gesüßte schnittfeste Kondensmilch (brrh!), für den anderen ist es ein guter Wanderkäse (mmhh).
Über WALTERS MANDLER kann es allerdings keine Meinungsverschiedenheiten geben: es ist die beste Schokolade der Welt (jedenfalls in Norwegen!).
Enttäuschend ist die Gastronomie, die großen Städte wie Stavanger oder Bergen und die Touristenorte wie Kragerø oder Risør mal ausgenommen. Dort kann man sehr gut essen, allerdings auch zu entsprechenden Preisen. Außerhalb dieser hot spots haben wir auch nach einem Monat Reise noch nicht in einem Restaurant gegessen und selbst Kaffee und Kuchen nur sehr selten gefunden. Der Grund: Die Vitrinen in den Cafés, selbst an touristischen Brennpunkten sind leer. Leer heisst leer. Eine große Glasvitrine mit einem (!) in Plastikfolie eingewickelten Sandwich, einige kalte (!) Waffeln, zugedeckt mit einem Tuch, daneben eine Auswahl von Marmelade, dünner Kaffee aus der 3l-Thermoskanne - das ist der Normalfall. Hinter der Vitrine drei Angestellte, die ab 15 Uhr nachmittags genau noch das verkaufen wollen, nichts anderes. Peter hat einmal mit einem Kellner diskutiert, ob das eigentlich Kaffee oder Tee ist, was er da ausschenkt. Der Kellner war sich auch nicht sicher! In einem anderen Café haben wir schon beim Reingehen gesehen, dass es wieder NICHTS gibt. Ich habe in einem Anflug von Ironie einen Apfelkuchen am Büffet bestellt und Peter hat hinzugefügt “für mich einen Käsekuchen, bitte, oder halt einen Schokoladenkuchen”. Der arme Mann hat fassungslos auf uns geschaut und kein Wort herausbekommen. Das alles hat sich abgespielt an Orten mit überdurchschnittlichem Touristenverkehr. Zur Kompensation gibt es überall eine fünf bis sieben Meter lange Kühlzeile mit Eis. Tatsächlich laufen dann viele mit einem Eis am Stiel herum. Es bleibt unklar, ob die Norweger das so lieben oder es essen, weil es nichts anderes gibt.
So stimmt, wie eine Freundin uns vorgewarnt hatte, dass man tagsüber verhungern könnte - als Selbstversorger hatten wir damit allerdings kein Problem. In den ländlichen Supermärkten “Kiwi”, “Joker” und wie sie alle heißen, gibt es fast alles, was das Herz begehrt, auch frische Skoleboller (extrem leckere Hefestückchen mit einer Pudding-”Sonne” und Kokos-”Schnee”) für den nachmittäglich selbst gebrauten Cappuccino.