Laponia I - Kiruna bis Muddus Nationalpark

25.8. - 1.9.2012

Ohne es vorher zu wissen, war Laponia wohl das Ziel unserer Reise. Eigentlich gibt es hier nichts - aber das macht gerade den Reiz für uns aus. „Nichts“ heißt, es gibt keine Anzeichen von Zivilisation außer den Wegen, auf denen wir uns bewegen - im Umkreis von hundert Kilometern kein Haus, kein Mensch - Natur pur. Wir wussten nicht, dass es so etwas in Europa noch gibt. 


Tag 56: Gullesfjordbotn (Norwegen) - Kiruna (Schweden) - Gällivare

Tagesetappe: 394 km, gesamt: 6314 km                           Ü: wild 40 km vor Gällivare

Aus dem Regen in die Sonne.
Aus 7 °C in 15 °C Wärme.
Aus den Bergen ins “flache” Land.
Vom Meer an die Seen.

Die Landschaft hat sich während der Fahrt enorm verändert. Ab der schwedischen Grenze gibt es fast keine Besiedlung mehr. In Norwegen gab es immer noch einmal eine Hütte, wenn auch sehr verstreut, jetzt nur noch alle 50 km eine Ansiedlung von 5 bis 10 Häusern. 
Aber: Das “leere” Fjell hat seinen Reiz!

Kiruna:
erinnert an Nowosibirsk, auch wenn wir noch nicht dort waren.

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Typischer Bewuchs: niedrige Sträucher und verkrüppelte Birken.                Bahnhof von Kiruna mit Abraum-Halde im Hintergrund. 


Tag 57: Gällivare 

Tagesetappe: 71 km, gesamt: 6385 km                          Ü: Camping Gällivare, gar nicht so schlecht für diese Stadt, ADAC empfohlen

Regen, Regen, Regen - auf dem Campingplatz stehen nur noch Pfützen, am nächsten Morgen kann P. nicht mehr auf der Fahrerseite ins Auto einsteigen. Allein der mehrfache Gang zur Waschmaschine macht nasse Füße!

Wir machen eine Wanderung auf den Hausberg Dundret: Fjell. Kein Baum. Nebel. Wind. Regen. In den Senken jede Menge Wollgras-Mädchen und Moltebeeren.

Wir haben mal wieder vollkommen nasse Schuhe, da wir nicht beachtet haben, dass wir den Winterwanderweg erwischt haben (es war kein Wanderer, sondern nur ein Skifahrer auf dem Hinweisschild). Der ging wirklich wie mit dem Lineal gezogen “kerzegrad den Berg nunner”. Nur leider auch durch Senken, in denen kniehoch das Wasser stand.

Wir beobachten die erste Herbstfärbung - am 26. August.

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Die Moltebeere liebt es nass und kalt  -  wir würden uns allerdings trockeneres und wärmeres Wanderwetter wünschen. 


Tag 58: Gällivare - Sora Sjöfallet Nationalpark

Tagesetappe: 149 km, gesamt: 6534 km               Ü: wild, Stora Sjöfallet

Das Auto piept beim Anlassen: 3 °C - Glatteisgefahr! Wir haben den 27. August.

Die Touristinfo in Gällivare empfiehlt uns zwei Wandergebiete: Wir merken später, dass das eine Stora Sjöfallet 80 km, das andere Muddus NP 150 km entfernt liegt. Dazwischen ist NICHTS.

Wo sind wir hingeraten? Laponia.

Wir fahren also nach Sjöfallet, einsam, allein über eine schnurgerade recht neu geteerte Straße. Es begegnet uns nicht viel, aber wir sehen unsere ersten Rentiere.

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Recht neu geteert? - wir sind wohl nicht verwöhnt. Rentiere leben meist „halbwild“, d.h. sie werden nur einmal im Jahr zusammen getrieben.

Blick vom Übernachtungsplatz Stora Sjöfallet. Von den Vorgängern ist ein Rest Feuerstelle zu erkennen. Sonst gibt es hier nichts.


Tag 59: Stora Sjöfallet

Tagesetappe: 6 km, gesamt: 6580 km               Ü: wild, Stora Sjöfallet

Wanderung ins Soldalen, aber eigentlich ging es nicht in ein Tal, sondern zwei Stunden den Berg hoch, zum Schluss sogar ziemlich steil bis zu einem Wasserfall. Dort oben waren wir schon in den Wolken und der Wind pfiff gewaltig. Unter einem Felsvorsprung in einer Art Höhle haben wir Picknick gemacht, dann ging es wieder bergab zu den Heidelbeerwiesen. Die Reife der Blåbaer reist wirklich mit uns von Süd nach Nord. Schon vor zwei Monaten haben wir den ersten Heidelbeerplatz gebacken, morgen wird es zum handgemahlenen Kaffee wieder einen Heidelbeerplatz geben.

Margret H. hat der Platz an ihre Kindheit im Erzgebirge erinnert: Hefeteig mit Heidelbeeren drauf und nach dem Backen dick mit Zucker bestreut. Passt besonders gut zur weißen Bluse! 

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Wanderung in die Wolken und Rast an einer „geschützten“ Stelle.


Tag 60: Stora Sjöfallet - Vakkotavare (Kungsleden) - Ritsem 

Tagesetappe: 72 km, gesamt: 6612 km

Ü: “wild” auf Campingplatz Ritsem, hässlich

Schöne Tagestour auf dem Kungsleden (wörtlich: Königsweg) ab Vakkotavare (Straßenkilometer 17 km ab Story Sjöfallet, die km sind in dicken weißen Zahlen auf die Straße geschrieben. Wahrscheinlich dass man sein Ziel nicht “überfährt”.) 

Die Wanderung ging den Berg hinauf entlang eines Gebirgsbaches mit vielen kleinen Wasserfällen und Pools. Uns kommen erstaunlich viele Wanderer entgegen, zum Glück kein Bär. Alle haben “leichtes” Gepäck: schätzungsweise 12-15 kg und 120-l-Rucksäcke. Mit ihrem Regenschutz sehen sie aus wie wandernde Telefonzellen.

Die Straße weiter hinter nach Ritsem ist elendig mit vielen Bodenwellen und Schlaglöchern.

Der Campingplatz in Ritsem sieht eher aus wie ein Schrottplatz für abgewrackte Wohnanhänger, nichts ist schön. Bisher der hässlichste Campingplatz auf unserer Reise.


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Bepackte Wanderer verschwinden auf dem Kungsleden …                                  und Blick auf den gegenüberliegenden Gletscher.


Tag 61: Ritsem - Stora Sjöfallet

Tagesetappe: 53 km, gesamt: 6665 km            Ü: wild, Stora Sjöfallet

Leichte Wanderung auf der ersten Etappe eines mehrtägigen Sami-Wanderpfades von Ritsem weiter hinter ins Tal oberhalb des Sees entlang. Nichts Spektakuläres, aber schöne Ausblicke auf den Gletscher auf der gegenüberliegenden Seite des Sees und natürlich auf den See. Es weht ein ordentlicher Wind mit heftigen Böen, die Wellen auf dem See haben weiße Schaumkronen.

Wir laufen durch Rentierweidegebiet, also sehen wir viele Hufspuren und „Dropings", leider keine Rentiere. 

Rentiere müssen sich vorkommen, wie wenn sie auf Samt gehen, der Untergrund aus Torf und Moos federt und ist ganz weich. Allerdings besteht die andere Hälfte des Untergrundes aus purem Fels und ist mit riesigen Steinblöcken bestückt.

Ritsem selbst ist eine fürchterliche Siedlung - für mitteleuropäische Verhältnisse erinnern einige Hütten an “kurz vor Slum”. Es ist geeignet als Ausgangspunkt zum Wandern, Fischen und Jagen. Hier hört die Straße auf bzw. ist durch einen Schlagbaum abgesperrt. Es verkehren aber Helis “Fiskflyg”.

Abends zurück in Sjöfallet wird auch unser Auto ordentlich vom Wind durchgerüttelt. Ist es das “Wilde Heer” oder die “Himmlischen Heerscharen”?  

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Wir wandern entlang der Sami-Farben rot-grün-gelb-blau, „machen“ das Rentier und hüpfen auf dem Wanderweg von Insel zu Insel.


Tag 62: Stora Sjöfallet - Porjus - Muddus NP

Tagesetappe: 134 km, gesamt: 6799 km                Ü: wild, Muddus NP, kurz vor Skaite

Heute sind uns zum zweiten und dritten Mal Rentiere begegnet: auf der Autofahrt Sjöfallet - Porjus (90 km!) kamen drei fast an der gleichen Stelle über die Straße genau wie schon beim Hinterfahren in den NP. Und dann weideten gleich 10 oder 12 direkt an unserem  Übernachtungsplatz im Muddus. Sehr schöne Tiere.

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Überbleibsel vom letzten Erdrutsch - das Geländer leicht demoliert.  Die Rentiere bleiben auf Distanz, sind aber neugierig, was das große weiße Ding da im Wald will.


Tag 63: Muddus NP - Skaite (Südeingang)

Tagesetappe: 2 km, gesamt: 6801 km                        Ü: wild, Muddus NP, kurz vor Skaite

Rentiere sehen wir auch heute auf unserer Wanderung von Skaite zum Wasserfall Muddus Fallet (7 km einfache Strecke). Bei noch mehr Wasser könnte das zur Flusswanderung werden. Die Rentiere äsen nicht weiter als 50 m von uns entfernt. Eins davon mit blauem Halsband kommt sogar etwas näher, schnuppert in P.s Richtung und beobachtet uns. Richtig stören lassen sie sich von uns nicht. 

Die Wanderung ist sehr abwechslungsreich, mal durch die kleinen Täler, im hinteren Teil eher auf einer Ebene entlang. Alles ist bewaldet und Blaubeeren finden sich fast überall - und Pilze. Zum Wasserfall führt ein kurzer Stichweg. Hier ist ein Picknickplatz mit herrlichem Blick auf den Wasserfall und gleichzeitig auf einen wilden Gebirgsfluss, die sich in der Tiefe unter uns vereinen. Imposante Szenerie, die wie so oft in Laponia nur zwei Geräusche kennt: Wasser und Wind.  

Heute war ein herrlicher Sonnentag mit 15 °C - davon würden wir gerne noch ein paar nehmen. Leider überwiegen die bedeckten und Regentage.

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Vom Picknickplatz, der auf einem Vorsprung liegt, sieht man auf den Muddus Fallet (rechts) und links auf einen reißenden Gebirgsbach.

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