Tag 1
Nach den Epupa Fällen bleiben wir weiter im Norden und wollen uns das Kaokoveld anschauen, eine der am dünnsten besiedelten Gegenden Namibias. Schön wäre es, wenn wir ein wenig ins Nichts hineinfahren könnten, aber die Pisten in diesem Landstrich sollen anspruchsvoll sein. Die Straßen haben zwar noch offizielle Nummern, aber das ist Tarnung. Wir beschließen, es einfach zu probieren und notfalls wieder umzukehren. Am Morgen vor dem Aufbruch trifft Peter noch einen erfahrenen Allrad-Fahrer, von dem er wertvolle Hinweise erhält. So machen wir uns auf zum Marienfluss, ein Tal, das uns durch seine ausgesprochen wilde Landschaft anzieht. Der erste Abschnitt ist die Schotterpiste D3707 von Opuwo nach Orupembe.
Wir laden Wasser, Proviant und Diesel für mindestens eine Woche und verlassen das eher lausige Nest Opuwo in Richtung Süden. Am ersten Tag rumpeln wir gut 100 km die D3707 entlang, die auch auf afrikanischen Karten als „schlechte Straße“ markiert ist.
Der Weg bleibt in der Ebene, aber die schroffen Berge rücken immer näher, von rechts und links und von vorne. Wir sind auf 700 m üNN und auf 1700 m steigen sie an und zwar ziemlich steil und abrupt - für so viel bizarre Aussichten müssen wir jede Menge Fotostopps einlegen. Wir sind mittlerweile am trockenen Flussbett des Hoarusib angekommen, die Straße folgt dem Flussbett und quert es mehrmals. Hier ist es etwas grüner, die Bäume sind etwas höher und es gibt sogar ein paar Palmen, die Schatten spenden. Ideal zum Anhalten. Wir folgen einem Schild Himba-Camp, das zu einem lauschigen Plätzchen führt. Die Palmblätter wedeln so laut, dass wir zunächst denken, ein Bach plätschert. Aber das ist eine Halluzination! Trotzdem haben wir den perfekten Übernachtungsplatz gefunden.
Tag 2
Ab der zweiten Etappe sind die weggeworfenen Bierflaschen, die uns am ersten Tag entlang der Straße begleitet haben, nicht mehr zu sehen. Die Gegend ist noch trockener und es ist kaum mehr ein Mensch zu finden, der achtlos eine Bierflasche entsorgen könnte. Nur einmal durchfahren wir eine kleine Oase mit Brunnen und Menschen. Hinter einem Pass sind plötzlich Tiere anzutreffen: Oryx-Antilopen, Springböcke, kleine Duker und Strauße. Wir sind hier nicht in einem Nationalpark und daher doppelt beeindruckt von der Vielfalt der Tierwelt. Und dann stehen plötzlich mitten in der Wüste sechs Giraffen vor uns. Jetzt fehlt noch das Tüpfelchen auf dem „i": ein Besuch von Wüstenelefanten.
Wir fahren bis kurz vor Orupembe, dann folgen wir dem Schild Marble Camp 25 km. Mit jedem Kilometer steigt die Temperatur von 21°C auf 27°C . Wir verstehen das Phänomen nicht, denn die Landschaft hat sich nicht geändert und wir fahren immer noch im gleichen Tal entlang.
Tag 3
Am dritten Tag brechen wir Richtung Marienfluss auf, aber nach einer halben Stunde bekommt Heike Mitleid mit unserem iMobil - an einer steilen Stelle mit besonders scharfkantigen Steinen. Nach Inspektion der Strecke zu Fuß und kurzer Beratung beschließen wir, unser Vehikel zu schonen, es soll uns ja schließlich noch sicher und heil um die Welt fahren. Sichtlich erleichtert macht es schnell kehrt und eilt Richtung Süden. Diesmal fahren wir durch Orupembe: eine Polizeistation, ein Wasserbehälter, ein Kiosk und drei Häuser. Zurück auf der D3707 ändert sich die Landschaft schnell. Zwar sind wir noch 30-40 km von der parallel verlaufenden Skelettküste am Atlantik entfernt, aber die Szenerie ähnelt dieser kargen Küstenlandschaft schon sehr: reine Steinwüste, nicht ein vertrockneter Grashalm ist mehr zu sehen. Rechts von uns Richtung Küste kommen die ersten Dünen in Sicht, der Wind bläst heftig die kühle Luft des Benguelastroms ins Landesinnere. Wir sind bei 21°C gelandet, nachts fällt das Thermometer unter 10°C.
Mitten in dieser Mondlandschaft finden wir an einer windgeschützten Stelle unseren „idealen“ Übernachtungsplatz (so nennen wir die besonders tollen wilden Camp-Stellen). Ringsum am Horizont ragen bizarre Berge und Sanddünen auf. So viel wilde und ursprüngliche Landschaft erzeugt eine gewisse Ehrfurcht. Als die Sonne sich langsam senkt, ziehen vor uns zwei Oryx-Antilopen ins Nichts der Steinwüste.
Tag 4
Die nächste Etappe bringt uns in die trockenen Flusstäler des Khumib und des Hoarusib, wo wir die vierte Nacht verbringen. In den Flusstälern ist es viel windgeschützter und es wird sofort wieder 5°C wärmer. Der Übergang von Mondlandschaft ohne irgendeinen Grashalm zu Flusstal mit grünen Bäumen passiert auf weniger als 100 m - unvorstellbar. Wir sehen die ersten Elefantenspuren und sind schon ganz aufgeregt. In der Nacht besucht uns allerdings nur eine Herde Oryx-Antilopen. Da sich sich wohl nicht auf ihrem ausgetretenen Trampelpfad direkt an unserem Auto vorbei trauen, kraxeln sie über das Geröll und machen so auf sich aufmerksam.
Tag 5
Am Tag 5 sehen wir kein Auto, dafür stehen, kaum sind wir losgefahren, drei Wüstenelefanten vor uns. Sie haben im trockenen Flussbett Löcher gegraben. Hier läuft das Wasser zusammen, das sie dringend brauchen. Wir stehen sicher eine halbe Stunde und beobachten die Tiere, steigen auch kurz aus und fotografieren, steigen wieder ein und beobachten wie ein Pavian sich ein Elefanten-Loch zu Nutze macht und auch seinen Durst stillt. Einer der Elefanten macht keine Anstalten den Weg freizugeben. Gut - wir haben ja Zeit.
Schleich dich nicht so an!, möchte man schreien, traut sich aber nicht. Nur eine Rüssellänge entfernt von Heikes offenem Fenster geht sehr gemächlich eine Elefantendame vorbei. Formatfüllend, sozusagen, und absolut cool. Als wir die Dame von hinten von dannen ziehen sehen, machen wir Witze. Aber zunächst ist es mucksmäuschenstill im Auto!
Dann führt uns unser Navi auf dem Weg zur Puros Campsite auf einen echten Allrad-Track. Mit platten Reifen und allen Differenzialsperren gelockt fährt das iMobil nun nicht mehr im sandigen Flussbett entlang, sondern die steilen Dünenhänge rauf und runter. Der Ausblick ist gigantisch, wenn auch ungeplant! Kurz vorm Camp, das von Jürgen mit dem Hinweis viele Tiere versehen war, treffen wir noch zwanzig Strauße, acht Giraffen und eine große Herde Springböcke.
Tag 6
Eine Dünen-Wanderung am Ufer des Hoarusib und eine kurze iMobil-Tour zum Puros Canyon unterbrechen den Ruhetag im Camp. Wie manche schon wissen, braucht man ab und zu einen Ruhetag bei diesem anstrengenden Reisen. Beim Camp oberhalb von Puros ist das Flussbett noch trocken, ab Puros fließt tatsächlich Wasser im Hoarusib, sodass wir auf den wenigen Kilometern zum Canyon mehr im Wasser als auf trockener Piste fahren.
Tag 7
Richtung Seisfontein (6 Quellen) bleibt die Fahrt abwechslungsreich: Hinter jeder Kurve eröffnet sich ein neues Landschaftsbild: Geröllwüste, Sandwüste, ausgetrocknete Flusstäler mit grünen Bäumen, Savanne mit Mopane-Sträuchern und überall diese bizarren Berge (sorry, es fällt uns kein anderes Wort dafür ein). Die Straße führt fast immer entlang eines Flusstals, eigentlich muss man besser Flussebene sagen. Denn anders als in Deutschland, sind die Täler mehrere Kilometer breit und man hat immer das Gefühl der Weite, auch wenn rechts und links in der Ferne steile Berge aufragen. Zwischen den Flusstälern queren wir kleine Pässe und genau nach so einem Pass finden wir eine weite Hochebene, die Giribes Plains. Hier machen wir halt für die Nacht. In der Morgendämmerung hören wir in der Ferne eine Hyäne und später mehrfach Löwengebrüll.
Erst am Vortag hat uns der Himba-Mann im Camp gesagt, sie hätten zehn Kilometer entfernt sechs Löwen gesehen. Es scheint kein Märchen gewesen zu sein. Wie zum Beweis, brüllt er zum Frühstück noch einmal!
Bei der Weiterfahrt nach Seisfontain laufen Giraffen über die Straße. Das kennen wir bisher nur vom Krüger Park - auf der Landstraße außerhalb eines Nationalparks macht das noch mehr Spaß. Nur weil wir bremsen müssen, entdecken wir im Schatten der Bäume noch eine ganze Giraffen-Familie und dann noch Wüstenelefanten etwas weiter entfernt.