Wie wir im Massai-Dorf gestrandet sind, siehe hier.
Wir suchen ein geeignetes Plätzchen, finden eine schöne Wiese und …
… schon beim Kaffeemahlen bekommen wir den ersten Besuch: fünf Massai-Kinder in ihren traditionellen Umhängen stehen am Auto und beobachten uns. Wir machen ein paar Stückchen Kuchen für sie zurecht, steigen aus und begrüßen sie. Die Scheu verschwindet, wir lachen ohne uns zu verstehen und dann verziehen wir uns wieder ins Auto - unser Cappuccino wartet ja noch.
Danach finden wir, dass wir ein außerordentlich schönes Plätzchen gefunden haben und für die Nacht hier stehen bleiben könnten. Kaum ausgedacht, kommt ein Massai langsam auf unser Auto zu geschritten. Geschritten - die Massai gehen sehr bedächtig, hoch aufgerichtet mit ihrem Stock in der Hand. Er ist nicht allein, seine Frau ist auch dabei. Wieder machen wir ein paar Stückchen Kuchen zurecht, steigen aus und begrüßen sie. Daraufhin stülpt die Frau einen ihrer Perlenarmreife, den sie mit ihren Zähnen noch etwas zurecht biegt, Heike über den Arm. Asante Sana - Vielen Dank! Alle strahlen, das Eis ist gebrochen. Die beiden Massai strahlen aber nicht nur jetzt, eigentlich strahlen sie die ganze Zeit. Es geht etwas ganz Besonderes von ihnen aus - Harmonie, Gelassenheit, Zufriedenheit, Glück! Jetzt erklären wir mit Händen und Füßen, dass wir gerne hier schlafen würden. Ist das okay? Sie überlegen, werden ernster, beratschlagen und dann bedeuten sie uns, dass wir mitkommen sollen zu ihrem Haus, dort wäre es sicher. Da fällt uns nur eins ein: Das glaubt uns kein Mensch - eine Einladung von einer Massai-Familie!
Heike läuft mit den beiden voraus, Peter fährt langsam hinterher und wir landen sozusagen im Vorgarten ihres Enkang (mehre Hütten einer Familie bilden ein Enkang). Da stehen wir nun, sind überwältigt und meinen, genug für heute erlebt zu haben.
Weit gefehlt! Nach zehn Minuten kommt unser Massai-Mann und stellt uns seinen Vater vor - ein alter Greis, der uns später stolz seine Kuh- und Ziegenherde zeigt. Die Kinder, die die ganze Zeit vor unserem Auto Wache gestanden haben, verbeugen sich vor ihm und er „segnet“ sie, in dem er ihnen die Hand auf den Kopf legt. Dann gehen Vater und Sohn ins Dorf und auch wir machen einen Spaziergang. Von einem Dorf entdecken wir nichts.
Als wir nach einer Stunde zurück kommen, sehen wir schon von Weitem, dass wir erwartet werden. Zehn Frauen des Dorfes bestaunen unser Vehikel und wir geben unseren letzten Kuchen zur Begrüßung aus. "Oh, die sind ja wirklich nett“ - da trauen wir uns näher ran. Die Mutigste fasst sich ein Herz und kommt zur Treppe. „Karibu!" - bitte eintreten, lässt sie sich nicht zweimal sagen. Und sie bleibt nicht lange alleine. Alle wollen das Auto von ihnen sehen. Juchzer, Lacher, ungläubige Gesichter, als wir zeigen, dass Wasser aus dem Hahn kommt und Feuer aus einem komischen Blechkasten. Es bleibt nicht bei zehn Frauen, es werden immer mehr. Und auch die Kinder kommen jetzt näher und die Männer werden gelockt. Es ist schon dunkel, da kommen die Letzten zu Besuch. Die Allerletzten kommen, als wir die Türe schon geschlossen haben und flüstern ums Auto herum… Das ignorieren wir jetzt. Wir können nicht mehr.
Am nächsten Morgen kommen die Allerersten, als wir noch im Bett liegen und flüstern wieder ums Auto herum. Es ist halb sieben. Das ignorieren wir auch. Aber um sieben gibt es kein Halten mehr, der Rat des Dorfes (die Männer über 35 Jahren) hat sich schon um unser Auto aufgebaut. Einer von ihnen ist Guide im Ruaha NP und kann ein bisschen Englisch. Er will uns etwas über das Leben der Massai erzählen, die Männer und Frauen des Dorfes wollen ein paar Tänze aufführen und wir können mit ihnen einen Spaziergang zu ihrem Vieh und ihrer Quelle machen. Was kostet der Spaß? 2o Dollar pro Person. Und natürlich bauen sie einen kleinen Markt für uns auf, da könnten wir dann etwas Perlenschmuck kaufen.
Über Nacht vom Bestaunen der hereingeschneiten Weißen zur geführten Touri-Tour?! Was halten wir davon? Wir lassen uns darauf ein.
Zuerst gibt es also Tanz. Die Männer bilden einen Kreis, einer oder zwei gehen in die Mitte und springen aus dem Stand so hoch, wie sie nur können. So beweisen sie ihre Stärke. Offensichtlich haben sie Spaß dabei! Dann kommen die Frauen dran und danach erst wird gemeinsam getanzt. Zur Begleitung gibt es keine Instrumente, auch keine Trommeln, es wird nur gesungen. Einer singt vor, der Chor antwortet. Aber nicht eintönig, sondern mehrstimmig. Der Gesang strotzt vor Lebensfreude und ungebändigter Kraft. Die Vorführung ist gelungen.
Jetzt kommt der Spaziergang durch Wald und Flur, begleitet vom Führer und einigen Männern des Dorfes. Wir lernen, dass es für alles einen Baum gibt: Man schält etwas Rinde ab, kocht sich einen Trunk daraus und kann dann vom Husten und Fieber genesen, die Malaria überstehen, sechs Kilo Fleisch auf einmal essen, unsauberes Wasser trinken, frisches Rinderblut verdauen, nach der Geburt gestärkt werden, und, und, und. Es gibt auch einen Baum, dessen Äste man fürs Zähneputzen verwendet, weil er desinfizierend wirkt, und einen, der das spezielle Massai-Parfüm hergibt. (Jetzt liegt ein Zweig davon im iMobil und verbreitet seinen Duft.) Und tatsächlich: alle Bäume auf unserem Weg sind angeschabt, die Massai nutzen die Kräfte Natur ausgiebig.
Nach so viel herzlicher Gastfreundschaft verabschieden wir uns aufgewühlt von unserer Gastfamilie und ziehen in Erwägung, im Herbst noch einmal in diesem Dorf vorbei zu schauen. Vielleicht ist bis dahin ein Schild an der Piste aufgestellt, das die Existenz von Mahuninga anzeigt. Sonst finden auch wir es vielleicht nicht mehr und glauben, es war alles nur ein Traum.