Cittàslow Pijao - das schönste Dorf Kolumbiens

Kann ein Städtchen schöner sein?

Wir können uns in die Natur verlieben, in Städte - das fällt uns schwer. Pijao, ein kleines Städtchen im Kaffee-Dreick Kolumbiens hat es geschafft, uns vier Tage festzuhalten. 

Pijao hat sich als erste Stadt Lateinamerikas der ursprünglich italienischen Cittàslow-Bewegung angeschlossen, deren Vision es ist, die kulturellen Besonderheiten einer Stadt und ihrer Umgebung herauszuheben, und so der Gleichmacherei durch Amerikanisierung entgegenarbeitet. Was als Ergebnis herausgekommen ist, ist bewundernswert und einfach toll: Pijao ist wohl der schönste Dorf in Kolumbien. Das stellen wir jetzt so in den Raum, obwohl wir natürlich weder alle Dörfer gesehen haben noch sehen werden…

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Eingebettet in Kaffee-, Bananenplantagen und Wald: Pijao. Links eine Wandmalerei mit Motiven der Umgebung,
die Kirche ist leicht zu erkennen.

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Es gibt nette Cafés, in denen man den Kaffee der umgebenden Fincas kosten und kaufen kann, es gibt ein paar Souvenirlädchen mit schönen handwerklichen Präsenten und ohne allzu großen Kitsch und es gibt jede Menge Einheimische, denen ihr herausgeputztes Städtchen mit den bunten Kolonialgebäuden gefällt, die am Wochenende auf dem Hauptplatz flanieren, stolz mit ihren gestriegelten Caballos Trochadores um den Plaza Central tänzeln oder in den Bars und Restaurant ihr Churrasco bestellen. 

Das schnelle Trippeln der Caballos Trochadores
hört sich auf Beton wie ein Stepptanz an.

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So viel hilfsbereite und freundliche Menschen wie hier haben wir bisher noch nirgends getroffen. Sie rufen für uns an, holen ihren Nachbarn, Freunde und Verwandte herbei oder nehmen uns bei der Hand, um uns durch die halbe Stadt zu führen und uns einen besseren Stellplatz zu zeigen. Wo gibt es denn so was? - Es scheint eine Art Geist durch die Stadt zu schweben, dem sich keiner entziehen kann. 


Frischer Obstsalat und Saft findet immer Abnehmer. 


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Offensichtlich möchte man mehr Touristen hierher locken, aber im Moment ist Pijao noch ein Geheimtipp. Wir sind auf dem Gemeindefest, in den Cafés, im Restaurant und im Wanderzirkus die einzigen Ausländer. Der Englischlehrer des Örtchens ruft uns bezeichnenderweise beim zweiten Treffen hinterher „Habt ihr schon die zwei Deutschen mit dem Schirm gesehen?“  Wir hoffen, dass es noch lange ein verborgenes Kleinod bleibt.

Vorführung beim Gemeindefest. Suppe gibt’s umsonst,
sie wurde vom wieder gewählten Bürgermeister gestiftet.


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Zufällig ist gerade ein Wanderzirkus in der Stadt und wir gönnen uns für 1,35 EUR einen beispiellosen dritten Adventsabend: Wir lachen Tränen, obwohl wir kaum was verstehen, aber das Publikum biegt sich vor lachen und lachen ist ansteckend! Die Besetzung besteht aus einem Zirkusdirektor, zwei Clowns mit diversen Gegenspielern, einer Reifen-Artistin, einem Bänder-Artist, zwei Seiltänzern, einem Jongleur und last but not least einem Feuerschlucker. Dazu kommen die Kassiererin, der DJ und ein Mädchen für alles. Das sind zusammen sieben Leute - wir haben richtig gezählt. 

Sieben Leute bestreiten eine dreistündige Vorstellung!


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Am dritten Advent beginnt auch der Weihnachtskrippen-Wettbewerb im Ort. An jeder zweiten Häuserwand werden Krippen aufgebaut, oft selbst gebastelte, mit bunten Lichtern illuminierte Gebilde - der Stolz einer jeden Familie. 






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Jetzt wird es erst richtig außergewöhnlich. Die Besitzerin des Cafés La Tienda del buen Vivir, dessen Besonderheit ist, dass der ausgeschenkte Kaffee ausschließlich von Frauen angebaut wird, gibt uns Tipps für die Erkundung der Umgebung. 




Von innen so schön wie von außen,
das Café La Tienda del buen vivir.

Bis wir schließlich am nächsten Tag in aller Herrgottsfrüh eine geführte naturkundliche Wanderung durch die Kaffee- und Bananenplantagen der Finca La Playa Pijao machen, ist das halbe Dorf involviert. Die Besitzer Jorge und Adriana fahren die drei Kilometer vom Dorf mindestens fünfmal hin und her, um alle zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zu haben. Wir dürfen sogar auf der 100 Jahre alten Finca übernachten, die erst seit ein paar Monaten im Designerstil frisch renoviert an Gäste vermietet wird. Wie schon öfter ist die uns entgegen gebrachte Gastfreundschaft beschämend!

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Die Finca beherbergt ziemlich viele Vogelarten. Die Kaffee-Haupternte ist im März/April, aber ein bisschen wird immer gepflückt.


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Bevor wir nach vier Tagen weiter fahren, stocken wir unsere Vorräte in Pijao noch etwas auf. In der Bäckerei unterbricht der Bäcker das Kneten und bedient uns. Auch in der Metzgerei verkauft der Metzger selbst und preist seine Bratwürste an. Das glaubt uns doch kein Mensch!


Aus dem Kofferraum heraus verkauft dieser Mann Panela, ein beliebtes Süßmittel aus getrockneter Rohrzucker-Melasse.



Google Maps: (4.356804, -75.698657), Höhe ü NN: 1650 m, Temperatur (tags/nachts): 20°/16° C



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